1909 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Henze, Theodor, Martini, E.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Magdeburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
24 Il. Kreis: Der Heimatort.
Die Jakobikirche ist schon sehr alt. Manche Belagerung und Kriegsnot
der Stadt hat sie erlebt. An die Beschießungen erinueru noch jetzt die ein-
gemauerten Kanonenkugeln auf der Nordseite des Turmes. Die beiden
steinernen Köpfe auf der Südseite des Turmes über der Uhr »Verden nach der
Sage seit alters die eisernen genannt. Der ehemalige Kirchhof ist mit Bäumen
bepflanzt und dient den Kindern als Spielplatz. Auf dem südlichen und öst-
lichen Teile des Platzes wird Montags und Donnerstags Wochenmarkt ab-
gehalten. Im N begrenzt der Thränsberg (Straße) den Jakobikirchplatz.
Der Thränsberg stößt im 0 an die Neustädterstraße. Diese war bis
vor kurzem (1890) außer dem Breiteuwege die einzige Verbindung mit der
Alten Neustadt. Die Hohepforte bildete die Nordgrenze der Stadt. Hier
war diese dnrch starke Besestiguugeu geschützt, die von der Stadt behufs Er-
Weiterung nach N angekauft und abgetragen worden sind. Bemerkenswert
in der Nenstädterstraße ist das Augustiuerkloster, das vor etwa 600 Jahren
(i. I. 1300) gegründet wurde und jetzt eine Armenversorguugsanstalt ist. Die
früher dazugehörige Augustiner- oder Wallonerkirche wurde vor ungefähr
200 Jahren (i. I. 1694) den eingewanderten Pfälzern und Wallonen (daher
Pfälzerstraße, Wallonerberg, Wallonerkirche) überwiesen. Diese fleißigen Ein-
Wanderer, Kolonisten, legten Woll- und Seidenfabriken in Magdeburg und den
Vorstädten an, bauten Tabak nfw. Sie trugen dnrch ihre Geschicklichkeit und
Arbeitsamkeit viel zum Ausblüheu der Stadt bei. Am Wallonerberge liegt das
nach der Kaiserin Augusta geuauute „Augustastist", in dem sich eine Mägde-
Herberge und eine Kinderbewahranstalt befinden. Auf der Ostseite des
Augustinerklosters dehnt sich eine Armen- und Arbeitsanstalt ans.
In der Mägdeherberge erhalten hauptsächlich stellenlose Dienstmädchen gegen
eine geringe Entschädigung Obdach und Pflege, in der Kinderbewahranstalt kleine
nicht schulpflichtige Kinder, deren Eltern zur Arbeit gehen. In der Armen- und
Arbeitsanstalt finden arme Leute, die sich nicht allein versorgen können, Aufnahme.
Sie bekommen Wohnung, Kleidung und Nahrung. Soweit es möglich ist, werden
die Leute mit leichten Arbeiten beschäftigt, z. B. sie stricken, spinnen, reißen Federn,
verlesen Kaffee, Linsen und zerrupfen alte Taue. Die kräftigeren Männer arbeiten
als Schuhmacher, Schneider usw. für ihre Genossen, fegen die Straßen und ver-
richten auch fremden Leuten Dienste. Weshalb die Anstalt im Volksmunde das
Tilsit heißt, ist noch nicht erwiesen.
Da, wo die Nenstädterstraße an den Petersberg stößt, liegen die alte Petri-
kirche und das ehemalige Nonnenkloster Beatä Mariä Magdalena, kurz Magda-
lenenkloster geheißen. Nach ihm ist der angrenzende Magdalenenberg benannt.
Das Kloster ist jetzt eine Stiftung, in der Jnngsranen und Witwen von Beamten
und Kaufleuten der Stadt Magdeburg Aufnahme und Versorgung finden. —
Nach welcher Richtung neigen sich die Seitenstraßen der Neustädterstraße?
Zur goldenen N)age.
An der Ecke der Wagestraße wohnte vor langen, langen Jahren der reiche
Bäcker David Jnsleben. Die schöne Backware des freundlichen und wohltätigen
Meisters war in der ganzen Stadt bekannt. Jedermann kaufte gern bei ihm.
Je mehr sich aber sein geheimer Geldkasten füllte, desto mehr veränderte sich auch