1897 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Müller, L., Lehrmann, C.
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Aschersleben, Calbe, Oschersleben, Wanzleben
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
28 Ortskunde.
Die Bewohner des flachen Landes beschäftigen sich mit Ackerbau und
Viehzucht, wahrend in den Städten Industrie, Handel und Gewerbe vor-
herrscht. Die Ortschaften an der Bode treiben bedeutenden Flachsbau, die
Stadt Quedlinburg großartigen Gartenbau in vielen Handelsgärtnereien und
das Dorf Thale ausgedehnten Obstbau. Von Wichtigkeit find die Wollwaren-
und Lederfabrikation in Quedlinburg, die Eisenindustrie bei Thale, die Kali-
lager bei Aschersleben, die Braunkohlengruben zu Aschersleben, Königsaue,
Schneflingen, Börnecke und Nachterstedt.
Der größte Fluß dieses Kreises ist die Bode, die im Kreise sehr viele
Mühleu treibt. Ihre Nebenflüsse find rechts Steinbach, Neinstädter Bach,
Qnarmbach, Bücklingerbach, Selke, links Silberbach, Warnstedter Bach,
Marsleber Bach, Sülze. Außerdem durchfließt den Kreis die Wipper mit
der Eine.
B. Beschreibung der Ortschaften,
a. Städte.
I. Uschersteöen, 22179 Einwohner.
Aschersleben liegt in einem Thale, welches die Eine durchfließt. Au
Kirchen befinden sich in der Stadt die St. Stephanikirche, die St. Margareten-
kirche, die evangelisch-reformierte Kirche, die Katharinen-Hospitalkirche, die
evangelisch-lutherische und die katholische Kirche. Auch eine israelitische
Gemeinde ist in der Stadt. An Schulen besitzt Aschersleben ein Gymnasium
mit Realprogymnasium, eiue Vorschule dazu, eine höhere Töchterschule, eine
Knabenmittelschule, gehobene Mädchenschule und fünf Volksschulen (Margareten-,
Stephani-, Luisen-, Johannis- und Lindenschule). In Aschersleben bestehen
das St. Katharinen-, St. Elisabeth-, St. Johannis-Hospital und die Rahm-
dohrsche, Hörniugsche, Hahusche und Gersonsche Stistuug. Die Haupt-
erwerbszweige der Einwohner sind Wollenweberei, Brauerei, Brennerei,
Leinenfabrikation, Eisenblech-, Schwarz- und Weißblechfabrikation, Handel
und Ackerbau. Einen bedeutenden Anfschwuug haben im letzten Jahrzehnt
die Ascherslebener Kaliwerke und Braunkohlengruben genommen. Bedeuteud
ist die Samenzucht. (Zuckerrüben, Mohrrüben, Zwiebeln.) In der Nähe
der Stadt befindet sich das Solbad Wilhelmsbad und auf dem nahen Wolfs-
berg die Burgruine Askanien.
Aschersleben wird im Jahre 1130 zum erstenmale erwähnt; 1173 war es
bereits eine Stadt. Dieselbe gehörte bis 1315 dem Hause Anhalt und wurde mit
dieser Grafschaft sieben Jahre später dem Bistum Halberstadt einverleibt. In der
Zeit des Interregnums, in welcher das Faustrecht galt und blutige Fehden und
Räubereien den Verkehr hemmten, war die Stadt Aschersleben mit 12 Warten ver-
sehen, welche durch einen tiefen Graben miteinander verbunden waren. Im Jahre
1540 wurde in Aschersleben die Reformation eingeführt. Die Drangsale des dreißig-
jährigen Krieges empfand die Stadt mehr als andere Nachbarstädte, namentlich wurden
1643 sämtliche Vorstädte niedergebrannt, alle Gärten zerstört und in der Stadt selbst die
fürchterlichsten Greuel verübt. Durch den westfälischen Frieden kam sie an Branden-
bürg, gehörte dann von 1807 zum Königreich Westfalen, nach deffen Verfall sie wieder