1912 -
Arnsberg i. Westf.
: Stahl
- Autor: Niebecker, Th.
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Rheinland, Westfalen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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des Pastors von Bodelschwingh zu Wilhelmsdorf in der Senne und der
Trappisten zu Maria Venn nördlich von der Hohen Mark.
Noch ärmer als die Heiden sind die Moore. Trotz ihrer Unfruchtbar-
keit hat die Not ums tägliche Brot die Menschen auch in diese Einöden ge-
trieben und sie gelehrt, den Boden ertragsfähig zu machen. Die älteste Art
der Bearbeitung ist das Moorbrennen. Der Moorbauer durchzieht eine
weite Fläche mit niedrigen Gräben längs und quer, damit das Wasser ab-
läuft. Darauf hackt oder Pflügt er die obere Schicht um. Den so umgerissenen
Boden läßt er den Winter über liegen. Im Frühjahr trocknen ihn die
Sonnenstrahlen und die Winde aus. An einem schönen Mai- oder Junitage
geht der Bauer auf das Feld und streut glühende Kohlen auf die ausgedörrte
Erde, und gar bald schwelt das ganze Feld. Gewaltige Nauchmasseu steigen
auf und verhüllen das Antlitz der Sonne. Da das Moorbrennen meist bei
trocknen Nord- und Nordostwinden geschieht, werden die brandig riechenden
Nebel weit nach Süden getrieben. Sie sind als Haar- oder Höhenrauch be-
kaunt. In die verbrannte Torferde sät nun der „Moorbauer" Buchweizen,
auch elwas Hafer; darein pflanzt er auch seine Kartoffeln.
Eine andere Erwerbsquelle hat der „Moorker" in der Gewinnung des
Torfes. Dazu entwässert er erst ein Stück Moor. Die obere lockere Decke
sticht er ab. Sie gibt gute Streu für das Vieh. Die untere schwarze, klebrige
Masse löst er in Klumpen los. Daraus formt er mit den Füßen breite
Kuchen, läßt sie von Sonne und Wind trocknen und zerteilt sie dann in
ziegelsörmige Stücke. So kommt der schwarzbraune Tors in den Handel. Er
bietet für weite Gegenden Norddeutschlands das wichtigste Heizmittel nicht
allein für Öfen, sondern sogar für Lokomotiven. Aus Torfstücken baut der
Moorker auch die Wände seiner armseligen Wohnstätte, der Moorkate, deren
Dach mit Schilf gedeckt ist. Das Innere bietet meist nur einen einzigen
fensterlosen Raum, der Licht und Luft nur durch die Tür erhält. Darin
wohnen die Familie, eine kleine Moorkuh und einige zottige Moorschafe ein-
trächtig zusammen. Auf einem Sandhaufen, der gleichsam als Herd dient,
glühen Tag und Nacht einige Torfstücke, deren unangenehmer Rauch sich
durch die Tür einen Ausweg sucht.
Die Fehnkultur. Doch diese Bebauung der Moore wird in nicht zu
ferner Zeit vorbei sein; auch sie werden immer mehr in fruchtbares Acker-
land verwandelt. Zu diesem Zwecke graben oder baggern die „Moorker" vom
nächsten Flusse aus einen tiefen Graben durch das Moor. Dieser dient zu-
nächst zur Entwässerung des Moores, dann als Verkehrsstraße; denn es ist
mit zu großeu Schwierigkeiten verbunden, eine Landstraße anzulegen. An
beiden Seiten beginnt nun die Bearbeitung. Die obere lockere Moorschicht
wird aufbewahrt, die untere festere Masse zu Torf verarbeitet und auf Kähnen
verschickt. Sie bringen dafür allerlei Dünger, z. B. Straßenkot, Marschschlick
(vom Meere angeschwemmten Boden) zurück. Unter dem Moore befindet sich