1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die Methodik des erdkundlichen Unterrichts.
Rolle spielen daher in der Natur die kleinen Moose, Flechten
und Algen, mit welchen sich die Felsen zuerst überziehen. Sie
gewinnen dem harten Gestein die erste Humusschicht ab.
Bei ihrem Absterben geben die Pflanzen das, was sie der Erde
genommen haben, als Asche zurück, während der Kohlenstoff,
indem er sich bei der Verwesung wieder mit Sauerstoff ver-
bindet, als Kohlensäure in die Luft zurückkehrt. Wo also die
Natur nicht durch das Eingreifen des Menschen in ihrem Gange
gestört wird, da bewahrt die Mutter Erde ewig ihre junge
Kraft, wo aber jener wegnimmt, was sie hervorbringt, da wird
sie mit jeder Ernte ärmer an Nährstoffen, und die künstliche
Düngung wird nötig, wenn nicht noch unverwittertes Steingerölle,
das neue Nährstoffe liefern kann, in der Erdkrum vorhanden ist
(daher das Schiefern in den Weinbergen).
Zum Gedeihen des Pflanz en wuchses ist zweitens
eine dicke Erdkrume erforderlich.
Die Wurzeln der Pflanzen haben einen zweifachen Zweck:
sie dienen erstens zur Nahrungsaufnahme und zweitens zur
Befestigung der Pflanze. Damit sie dieser doppelten Aufgabe
entsprechen können, muss ein tiefes Eindringen derselben in
den Erdboden möglich sein. Ein üppiger Pflanzenwuchs kann sich
deshalb nur da entfalten, wo sich entweder angeschwemmte,
lockere Erdschichten vorfinden, oder wo doch das harte Ge-
stein auf seiner Oberfläche so stark verwittert ist, dass sich schon
eine hinlänglich dicke Erdkrume gebildet hat. Die vor neh m-
lichsten Verbreitungsgebiete der Pflanzenwelt sind
deshalb die tiefgelegenen Thäler, in welchen die abfliessenden
Gewässer die auf den Gebirgen verwitterte, an Nährsalzen reiche
Erde in grosser Menge abgelagert haben, sowie die Tiefebenen,
welche während eines früheren Meereszustandes mit weichen Erd-
schichten bedeckt wurden. Von den Abhängen der Gebirge zeich-
net sich stets der Südabhang durch eine dickere Erdkrume und
darum auch durch einen üppigem Pflanzenwuchs aus; denn auf
dieser Seite, der Sonnenseite, wird durch den steten Wechsel
zwischen der starken Erwärmung am Tage und der jedesmaligen
Abkühlung in der Nacht der Verwitterungsvorgang sehr gefördert.
Die geringste Verwitterung zeigen die sehr hoch gelegenen Berg-
spitzen und Gebirgs fläch en, und wenn dort nicht schon die
klimatischen Verhältnisse eine üppige Lebensentfaltung der Pflanzen
unmöglich machten, so würde diese doch durch das Fehlen einer
genügenden Erdkrume gehemmt sein.
Je nach der Dicke, welche die verwitterte Erdkrume erreicht,
bezeichnet man den Boden entweder als flach grün dig (etwa bis
zu 15 cm Dicke) oder als mittelgründig (bis zu 30 cm Dicke),
oder als tiefgründig (über 30 cm Dicke). Der flachgriindige
Boden ist gewöhnlich von nur w e n i g e n , aber gesellig wachsen-
den Pflanzenarten, die einen niedrigen, gedrungenen Wuchs und
eine sehr ausgebildete Faser- oder Büschelwurzel haben, meistens