1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die deutschen Landschaften.
westen ab und zieht sich im ganzen in gleicher Richtung mit
den Alpen, also in nordöstlicher Richtung hin . Er besteht aus
einer durch Meeresablagerungen entstandenen Gesteinsmasse, welche
nach diesem Gebirgszuge benannt worden ist, dem Jurakalk,
und zwar bauen sich drei Schichten von verschiedener Fär-
bung, wenn auch nicht regelmässig, übereinander, nämlich der
schwarze, der braune und der weisse Jura. Die beiden
erstgenannten bestehen aus den gleichen mineralischen Stoffen, aus
Kalk, Sandstein und Schiefer, während das Hauptgestein des weissen
Juras meistens der sehr feine Korallenkalk ist. Die Farbe des schwarzen
Juras rührt von seinem grossen Gehalte an Erdharz her, die des
braunen von Eisenocker. Alle drei Schichten sind reich an Ver-
steinerungen, besonders die oberste, der weisse Jura, in dem auch
viele Insekten vorkommen.
Der Gebirgszug des Jura besteht aus langgestreckten Paral-
lelketten, die durch muldenförmige, schmale L ä n g s t h äl e r*)
von einander geschieden sind, hier und da aber auch durch
schluchtenförmige Q u e r t h ä 1 er unterbrochen werden. Die
Parallelzüge laufen meistens zu dreien, oft aber in grösserer
Zahl nebeneinander. Sie sind schmalkantig und nur von wenigen
Dergkuppen überragt. Die südöstlichste Kette erhebt sich am
höchsten, jede folgende nimmt an Höhe ab. Während daher der
Jura von der Schweizer Seite wie eine gewaltige, stark ver-
witterte Gebirgsmauer aussieht, durch deren düstere Fär-
bung der Anblick des heitern Aarethaies nicht wenig verfinstert
wird, zeigt er sich von der französischen Seite her als ein sanft
ansteigender Landrücken, der den über ihm auftauchenden
Alpen stark genähert erscheint, so dass man keine breite Fläche
mehr dazwischen vermuten sollte. Nach Norden verbreitet und
verflacht sich der Höhenzug mehr und mehr.
Die durchschnittliche Höhe der Juraketten hält sich zwi-
schen 900 — 1200 m. Einzelne Gipfel erheben sich über 1500
m, z. B. westlich vom Genfer See die Crête de la Neige
(1720 m), der höchste Berg, etwas nördlicher der Mont Ten-
dre (1680 tu) und westlich vom Biehler See der Chasserai
(1609 m). Von der obern Fläche des bei Solotlmrn gelegenen Weis-
senstein s (1449 m) geniesst man eine ebenso schöne Aussicht aut
das Alpengemälde wie vom Rigi, weshalb er wie dieser von zahl-
reichen Besuchern bestiegen wird. Im nördlichen Teile des Jura-
zuges erhebt sich der Mont Terri ble (873 m), auf welchem das
Lager G ä s a r s im Kampfe gegen A r i o v i s t gestanden haben soll.
Trotzdem der Jurazug keine sehr bedeutende Höhe hat, ist seine Leber-
schreitung nicht oline Schwierigkeiten, weil die Parallelketten einzeln überschritten
werden müssen. An 19 Stellen gestatten Querthäler einen Uebergang. Von
* Ein Längsthal ist eine Thalsenkung, die in der Hauptrichtnng des
Gebirges verläuft. Von ihm unterscheidet sich das Quer thai, welches das
Gebirge quer durchschneidet.