1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die schwäbisch-bayerische Hochebene.
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Nordosten nimmt er stetig an Höhe ab. Die mittlere Erhebung
beträgt 7—800 m. Seine Oberfläche ist teils bewaldet, teils ange-
baut; teils ganz kahl.
Der Gebirgszug baut sich wie der Schweizer Jura aus drei
verschiedenen Schichtenkomplexen auf. An seinem Fusse lagert
der schwarze Jurakalk, darüber der braune, und die obere
Stufe, die Haupterhebungsmasse des Gebirges, wird von dem
weissen Jurakalk gebildet.
Der schwäbische Jura hat infolge der hohen Lage und des
geringen Schutzes vor den rauhen Winden ein kaltes Klima;
er führt daher auch den Namen rauhe Alp (im Oberdeutschen
Alb). Ein zweiter Uebelstand ist seine Wasserarmut, die
ihren Grund in der grossen Durchlässigkeit des Kalksteins
hat. Das Regenwasser dringt schnell in die Klüfte des Gesteins
ein, sickert immer weiter in die Tiefe und tritt in den zahlreichen
Querthälern des Gebirges oder erst an seinem Fusse als oft sehr
starke Quellen hervor.
Die Quellen am Südabhange heissen im Volksmunde Töpfe. Am be-
rühmtesten ist der Blautopf bei Blaubeuren, der zwischen hohen Felswänden
liegt, 123 ni im Umfange misst und 23 m tie! ist. Seinen Namen hat er von
der schönen blauen Färbung seines Wassers.
Eine Merkwürdigkeit des Juragebirges ist die häufige Bildung von
Hohlräumen; man zählt, in ihm 70 grössere Höhlen und mehrere Hundert
kleinere. Die Hohlräume sind durch die ausschwemmende Thätigkeit des Was-
sers, das in den durchlässigen Kalkstein leicht eindringt und, da es kohlensäure-
haltig ist, den kohlensauren Kalk auflöst und wegleitet, entstanden. In vielen
wurden durch das fortwährende Herabträufeln des kalkhaltigen Wassers im Laufe
der Jahrtausende wundervolle Tropfsteinbildungen gebildet, die sowohl
von der Decke nach unten als auch von dem Boden nach oben gewachsen sind
und im ersten Falle Stalaktiten, im letztern Stalagmiten heissen, (berühmt ist
durch Hauffs Lichtenstein die Nebelhöhle geworden). Die Höhlen des Jura sind
in ältester Zeit zum teil von Menschen bewohnt gewesen. Man hat in ihnen
Feuersteinwerkzeuge und Waffen, sowie die Knochenreste von ausgestorbenen
Tieren (z. B. vom Höhlenbären) gefunden. — Auf dieselbe Ursache, durch welche
die Entstehung der Hohlräume im Jura bewirkt wurde, ist auch die starke
äussere Zerklüftung seiner Gebirgsmasse zurückzuführen.
Der fränkische Jura.
Der fränkische Jura gleicht dem schwäbischen in sei-
ner ganzen Gestaltung und in seiner Gesteinsmasse. Auch er fällt
nach Nordwesten steil ab, während er sich nach der andern Seite eben-
falls allmählich abdacht. Er ist nur niedriger, da seine durch-
schnittliche Höhe 500 m beträgt. In seiner Richtung zeigt der
fränkische Jura bald eine Schwenkung nach Norden.
In seinem nördlichen Teile bietet das Gebirge durch
seine zerklüfteten und höhlen reichen F e 1 s b i 1-
dungen einen landschaftlichen Anblick von grosser Schönheit dai-,
weshalb man ihm dort den Namen „fränkische Schweiz" ge-
geben hat.
Kerp, begiünd.-vergleich. Erdkunde, I. Bd. 8