1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die deutschen Landschaften.
Der Main.
Der Main ist der zweite Hauptfluss der Landschaft und unter
allen Nebenflüssen des Rheines der wasserreichste. Er bildet
sich aus zwei Quellflüssen, aus dem weissen und roten
Main. Ersterer hat seinen Ursprung auf dem Fichtelgebirge,
letzterer entspringt auf dem Ostabhange des fränkischen
Jura. Nachdem die beiden sich nach kurzem Laufe vereinigt
haben, fliesst der Main in der Richtung des vom Fichtelgebirge
kommenden Armes nach Westen weiter. Auf der ersten
Hälfte seines Laufes hält er im allgemeinen diese Hauptrichtung
ein. Nur zwei flache Bogen nach Norden bildet er, den
einen, um dem fränkischen Jura, den andern, um dem Steiger-
walde auszuweichen.
Zu grössern Umwegen und schärfern Krümmungen
wird der Main auf der zweiten H ä 1 ft e seines Laufes durch die
ihm entgegentretenden Gebirge gezwungen. Er bildet zuerst ein
grosses Dreieck, dann ein grosses Viereck und erst nach diesen
langen Irrfahrten durch die Landschaft nähert er sich seinem Ziele,
dem Rheine , den er nach einem kurzen Laufe durch die oberrheini-
sche Tiefebene erreicht. Jedoch ein Weg von reichem Wechsel
landschaftlicher Schönheiten ist es, den der Main in
steten kurzen, schlangenähnlichen Biegungen zwischen
den wal db esc hafteten Berges m asse n, die bald nahe an
seine Ufer herantreten, bald ein anmutiges Thal freilassen,
zurücklegt.
Der Main erhält von links seinen bedeutendsten Nebenfluss,
die Rednitz. Diese entspringt im Innern der Landschaft auf der
schwäbisch-fränkischen Gebirgsstufe, fliesst zuerst eine
kurze Strecke nach Südosten, ändert dann aber ihren Lauf durch
eine bogenförmige Biegung in einen nördlichen. Bis zur Auf-
nahme der Pegnitz, die ihr von rechts zuströmt, heisst sie Rezat.
Jener Zufluss entspringt auf dem fränkischen Jura und bildet
einen ähnlichen Bogen wie die Rezat, nur in umgekehrter Rich-
tung, also von Osten nach Westen.
Ein zweiter, links einmündender Nebenfluss ist die Tauber.
Diese hat auch ihre Quelle auf der schwäbisch-fränkisch en
Gebirgsstufe, nicht weit von dem Ursprünge der Rezat, führt
aber den Wasserabfluss über den andern Abhang des Gebir-
ges fort. Es stellt sich also der Höhenzug, auf dem beide ent-
springen, als eine Wasserscheide*) im Innern der Landschaft
dar. Die Tauber mündet an der Südseite des Main-
vierecks.
Auf der rechten Seite nimmt der Main die fränkische
Saale auf. Diese entspringt auf der n ördl i che n Fortsetzung
*) Eine Wasserscheide nennt man die Stelle auf einer Erhebung, wo
sich der Wasserabfluss scheidet, d. h. von wo das Wasser nach zwei oder mehre-
ren Seiten hin abfliesst.