1896 -
Trier
: Lintz
- Autor: Kerp, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Das hessische und Weser-Bergland.
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Der Harzer Bergbau reicht bis ins frühe Mittelalter zurück. Die
Silberbergwerke am Rammeisberge sind schon seit der Mitte des 10. Jahrhun-
derts in Betrieb. Eine grössere Ausdehnung erlangte der Bergbau aber erst nach
dem Jahre 1500. Damals begann man mit der Förderung von Eisenerzen am
Iberge bei Grund, sowie mit dem Silberbergbau bei Andreasberg (1524), und
bald" nachher entdeckte (1553) man auch die reichen Erzgänge bei Klausthal
(Gründung dieser Stadt 1554).
Infolge der tiefen Lagerung der Erze hat der Bergbau im Oberharze
mit bedeutende Ii Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Samson sc h acht
bei Andreasberg ist bereits zu einer Tiefe von über 850 m (220 m unter dem
Meere) geteuft. Um die Grubenwasser abführen zu können, war der kostspielige
Bau von langen Stollen nötig. Schon in den Jahren 1777—99 wurde ein solcher,
nämlich der Ge o r g s s t o 11 en angelegt, der bei Kl au s thai begann und
bei Grund endete, sich aber bald für jenen Zweck als unzureichend erwies.
Deshalb wurde von 1851 bis 1864 der Bau eines neuen Stollens, des Ernst-
Aug us t - S t o 11 e n s ausgeführt, der beigittelde am äussersten Westende des
Harzes endet. Er ist einer der grossartii*sten Anlagen, die es zur Entwässerung
von Bergwerken giebt. Er hat eine Länge von 23 km (Gefälle etwa 1 in auf
130 m), seine Breite beträgt 2 m und seine Höhe 3 m, so dass er sogar mit
Nachen befahren werden kann.
Der Bergbau wird meistens auf Rechnung des Staates betrieben.
Er warf bis vor kurzem jährlich einen Reingewinn von ungefähr 1 Mill. M. ab.
Durch den Zurückgang des Silberpreises hat aber seine wirtschaftliche Bedeutung
viel verloren.
Infolge des Aufblühens des Silberbergbaues hat der
O der harz eine stärkere Besiedelung erhalten, als andere
deutsche Gebirge von gleicher Erhebung haben. In luftiger Höhe
liegen die 7 Harzer Bergstädte K 1 a u s t h a 1, Z i 11 e r t h a 1, Grund,
Wilde mann, Lautenthal, Alterau und Andreasberg.
Unter ihnen ist Klaus thai der bedeutendste Ort. Es bildet mit
Zillerfeld, dem einzigen Orte von den 7 Städten, der zusammen-
hängend gebaut ist, eine Doppelstadt. Der B er gb a u und die mit
ihm zusammenhängenden Betriebe bilden für die meisten Bewohner
die Erwerbsquelle. Die grüne Tanne auf dem Berge und das
glitzernde Erz in deren tiefem Schosse sind der Stolz der
Oberhärzer, und ein unter ihnen gebräuchlicher Trinkspruch
lautet :
,,Es grüne die Tanne, es wachse das Erz,
Gott gebe uns allen ein fröhliches Herz !"
In neuester Zeit bildet auch der grosse Fremdenverkehr
während des Sommers eine wichtige Einnahmequelle für die Be-
wohner der Harzstädte. Ferner beschäftigen sich viele Harzbe-
wohner mit der Zucht von Singvögeln.
Während früher nur die Zucht von e in h e i m i s.c h e n Vögeln, von Fin-
ken, Kreuzschnäblern und Dompfaffen betrieben wurde, herrscht jetzt
die von Kanarienvögeln vor. „Harzer Roller" sind gesuchte Sänger
und werden teuer bezahlt. Die bedeutendste Kanarienvogelzucht hat Andreas-
berg, wo der Verkauf von Vögeln wohl jährlich 100 000 Mk. einbringt.
Manche Bewohner suchen sich endlich durch das Spitzen-
klöppeln oder durch die Holzschnitzerei oder durch das
Sammeln v o.n Wald beeren einen knappen Verdienst zu
verschaffen.
Der Unterharz. Der fast ganz aus G r au w acke bestehende
U n t e r ha r z hat infolge seiner geringem Erhebung ein etwas