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1. Allgemeine Heimatskunde mit Berücksichtigung der Kulturgeschichte als Vorbereitung und Unterbau für den weltkundlichen Unterricht, namentlich als Vorschule der Geographie - S. 16

1892 - Halle a.d.S. : Schroedel
— 16 — Die Volksbildung im 19. Jahrhundert.^) Ist so etwas im 19. Jahrhundert möglich? — so fragt man, wenn sich etwas Außerordentliches zuträgt, das unser Mißfallen erregt. Mit der Frage will man sagen, daß man so etwas in dem vorgeschrittenen 19. Jahrhundert nicht erwartet hätte, daß sich unsere Zeit von der früheren vorteilhaft auszeichnet. Die Thatsache steht fest, daß zu keiner Zeit soviel für die Bildung des Volkes geschehen ist als im 19. Jahrhundert. Kein gesundes Kind wächst jetzt in unserem Vaterlande ohne Schulunterricht auf. Überall sind zweckmäßig eingerichtete Schulhäuser; überall sorgt man in gleicher Weise für geistige und körperliche Ausbildung der Jugend. Hatte man früher für unglückliche Kinder, wie für Blinde, Taub- stumme :c., nichts weiter, als höchstens Mitleid, so hat man in unserer Zeit sich auch dieser Elenden angenommen Man gründete besondere Anstalten für Blinde, Taubstumme, Blödsinnige :c. Menschenfreunde gründeten Erziehungs- und Rettungshäuser sür solche Kinder, die ohne fremde Hülse an Körper und Geist verwildern würden. Die Sorge für die Volksbildung geht aber auch bis über die Zeit der Konfirmation hinaus. Da die Volksschule nur den Grund legen, nicht aber für das spätere Fortbauen auf diesem Grunde sorgen kann, so wurden für die konfirmierte Jugend Sonntagsschulen und Fortbildungsschulen gegründet; Handels-, Gewerbe-, Real-, Bauschulen :c. traten ins Leben. Unter dem Arbeiterstande, sowie unter dem Volke überhaupt, verbreitet man nützliche Volksschriften, hält belehrende Vorträge :c. Die Wirkungen der vorgeschrittenen Zeit zeigten sich nach allen Lebensrichtungen hin. Der Aberglaube, welcher überall gespensterhafte Erscheinungen sah, welcher aus Karten :c, das künftige Schicksal erkennen wollte, erhielt im 19. Jahrhundert den Todesstoß. Die Geringschätzung, mit welcher manche auf gewisse Handwerker, aus gewisse Stände herab- blickten, wurde zu einer immer größeren Seltenheit. Wir sind berechtigt, uns über diese Erscheinungen zu freuen und in dieser Hinsicht zu sprechen: Siehe, das Alte ist vergangen; es ist alles neu geworden! Und dennoch hört man so viele Klagen darüber, daß die Menschen in diesem Jahrhundert schlechter seien als früher; daß einer den anderen zu hintergehen, einer dem anderen zu fchaden suche; daß die Zahl der Selbstmörder, der Diebe, der Verbrecher aller Art mit jedem Jahre wachse; daß viele Jahr aus Jahr ein kein Gotteshaus besuchen, zu keinem Abend- mahl gehen zc. Obwohl nun manche Klagen übertrieben werden, auch die Schlechtigkeit der Menschen zu allen Zeiten zu- und abgenommen hat, so steht doch fest, daß in den letzten Jahrzehnten vorwiegend die Verstandes- bildung gepflegt wurde. Gott hat uns aber nicht bloß den Verstand, fondern auch ein Herz, ein Gemüt gegeben. Geht dieses leer aus, dann giebt es *) Der Kürze wegen ist in den folgenden Abschnitten die Darstellungsform in Frage und Antwort vielfach nicht angewendet. Wieweit die dialogische Unter- richtsform überhaupt zur Anwendung kommen kann, ist von den verschiedenen Voraussetzungen abhängig.
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