1910 -
Weinheim [u.a.]
: Ackermann
- Autor: Streng, Wilhelm
- Hrsg.: Tischendorf, Julius
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Baden
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und Sturzblech verfertigen die Leute Eßlöffel, Schaum- und Schöpf-
löffel, Fleischgabeln und sonstige Küchengeräte. _
Aber noch eine ganz eigentümliche Industrie, die den Namen
des Schwarzwaldes und seines geschickten und fleißigen Volkes
fast über die ganze Welt getragen hat, ist dort heimisch; es ist
die Uhrenindustrie.
Vor etwa zweihundert Jahren brachte einmal ein Schwarz-
wälder Glashändler eine hölzerne, einfache Stundenuhr aus der
Fremde mit nach Hause. Ein Schreiner und ein Bauer versuchten,
das kleine Kunstwerk nachzumachen. Es gelang ihnen; ihr Bei-
spiel fand Nachahmung, und bald ergriffen viele Schwarzwälder
den neuen Erwerbszweig, der ihnen so geboten wurde.
Simon Dilger und Franz Ketterer aus Schönwald bei Tri-
berg werden als die Begründer der Uhrenfabrikation genannt.
Aus den einfachen Wanduhren aus Holz wurden bald Uhren, mit
allerlei Künsteleien und Spielereien versehen, hergestellt; so ent-
standen die Kuckucks-, Trompeter- und Wachteluhren. Später
wurden kunstvolle, prächtige Regulatoren angefertigt und in den
Handel gebracht. Aber auch dabei blieb man nicht stehen; bald
wurden Spieluhren, Drehorgeln und kunstvolle Musikinstrumente
(Orchestrions) gemacht.
Die Hauptorte der Schwarzwälder Uhrenindustrie sind Tri-
berg, St. Georgen, Villingen, Furtwangen, Lenzkirch, Löffingen.
(Zeigen!)
Gegenwärtig wohnen auf dem Schwarzwald etwa 1000 Uhr-
machermeister mit 4500 Gesellen. Im ganzen liefert der Schwarz-
wald jährlich 60—70000 Stück Uhren, die in alle Welt versandt
werden. Die Mehrzahl der Uhrmacher verfertigt aber bloß einzelne
Uhrteile; so gibt es Uhrenrädergießer- und Dreher, Glockengießer,
Gestellm acher, Schildmaler, Zeigermacher, die diese Dinge zu
Hause herstellen und in die großen Fabriken liefern, wo sie dann
zu Uhren zusammengesetzt werden. Diese geteilte Beschäftigung
ermöglichte den raschen Aufschwung dieser Industrie. (Viel Köpfe,
viele neue Gedanken!)
Noch eine andere Industrie hat der Schwarzwald auszu-
weisen, nämlich die Strohflechterei. Aus dem Stroh des Roggens,
das für feinere Geflechte sorgfältig ausgewählt, gebleicht und
manchmal der Länge nach gespalten wird, wissen die geschickten
Schwalzwälderinnen die schönsten Muster nicht nur zu flechten,
sondern auch zu knüpfen und zu verstricken. Diese Geflechte
werden dann entweder stückweise in Streifen von 10—15 m Länge
verkauft oder zu Hüten zusammengenäht. Wie man bei uns
Frauen und Mädchen mit dem Strickzeug sieht, so haben die
Schwarzwälderinnen auf den Bergen und in den Tälern, auf dem
Weg zum Markte oder beim Viehhüten ihr Strohflechtwerk in