Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 64

1871 - Hannover : Klindworth
64 V. Die Zeiten der Reformation. Welche Veränderungen im Lauf des Mittelalters mit dem Wesen der christlichen Kirche vorgiengen, und wie die katholische Kirche sich allmählich immer mehr verweltlichte und intodtem Ceremoniendienst und äußerer Werkheiligkeit ein zwar äußerlich glänzendes, innerlich aber hohles und leeres Leben fristete, das ist aus der allgemeinen Ge- schichte so bekannt, daß es hier nicht ausführlich geschildert zu werden braucht. Bei uns war es eben nicht besser, als überall. Auch bei uns fehlte es nicht an Priestern, Klöstern, kirchlichen Stiftungen aller Art, aber der alte Geist der Demuth und Zucht war aus der Kirche ver- schwunden, und das arme Volk glaubte durch Ablaßkaufen, Wallfahr- ten, Stiftungen von Messen, blindes Almosengeben für das Heil seiner Seele Ausreichendes zu thun. Auch bei uns hatte die Kirche große Reichthümer angehäuft, und es war dahin gekommen, daß in den Stif- tern und reicheren Klöstern nur noch Personen von Adel Aufnahme fanden, jüngere Söhne oder unverheirathete Töchter, denen man auf solche Weise ein reiches und gemächliches Auskommen verschaffte, denen aber in der Regel die Sorge um ihr oder ihrer Mit- menschen Seelenheil ganz ferne lag. Der Stand der unterrichteten und gebildeten Geistlichen konnte es in der Regel zu nichts bringen; sie verrichteten als Vicarien gegen eine oft sehr mäßige Entschädigung die Dienste der Domherren, oder wurden Weltgeistliche d. h. Priester an den Kirchen; wir sagenpriest e r, und nicht Pred i g er, denn ob- wohl die zahlreichen Feste zu Ehren der Heiligen, so wie Messestiftungen für das Seelenheil Gestorbener zu zahlreichen Gottesdiensten Veran- lassung gaben, so wurde doch selten gepredigt. Das eigentliche Predigt- und Seelsorgeamt war nach und nach immer mehr in die Hände der Bettelorden derfranciscaner und Dominicaner gerathen, ganz besonders durch das Privileg derselben, überall Beichte zu hören und Messe zu lesen. Man kann sie nicht mit Unrecht als die Gensdarmerie und geistliche Truppe des Pabstthums bezeichnen. Aus dem Volke hervor- gegangen und durch ihre Einfachheit und Armut das Vertrauen des Volkes besitzend, pflegten sie die Kunst volksthümlicher Rede, und indem sie auf ihren Bettelzügen mit dem Volke überall in Berührung kamen, konnten sie auf dasselbe aufs mächtigste einwirken, und dies geschah aus- schließlich in der Richtung, die ihnen jedesmal von oben her vorge- schrieben war. Durch sie bekämpfte das Pabstthum diejenigen Fürsten und weltlichen oder geistlichen Herren, welche ihm Widerstand zu leisten wagten, durch sie erhielten Bann und Acht, die so oft um rein weltlicher Zwecke willen ausgesprochen wurden, erst ihre rechte Wirksamkeit.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer