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1. Die Lande Braunschweig und Hannover - S. 79

1871 - Hannover : Klindworth
79 Erhebung Georg Ludwigs auf den Thron von England, den er unter dem Namen Georg I bestieg. Im Jahre 1714 war nämlich die in England herrschende Königsfamilie ausgestorben, und Georg wurde als nächster protestantischer Verwandter des erloschenen Hauses auf den Thron dieses mächtigen Reiches berufen. Aber damit war das Kurfürstenthum Braunschweig-Lüneburg keineswegs eine Provinz von England geworden, sondern es behielt eine eigene Regierung, seine eigenen Finanzen, sein eigenes Heer. Nichtsdestoweniger hatte dies Ereignis einen höchst bedeutenden Einfluß auf die Geschicke unseres Landes. Georg I fühlte sich zwar stets mehr als Deutscher, denn als Engländer — er hat nicht einmal englisch sprechen gelernt —, aber unter seinen Nachfolgern wurde dies anders. Georg Iii trat feine Regierung mit den Worten an: „In England geboren, rühme ich mich des Namens eines Briten". Wenn- gleich nun auch er gleich seinen Vorgängern sein heimisches Land nicht ganz und gar vergaß, sondern eine warme Liebe zu ihm im Her- zen trug, auch manches einzelne nützliche und gute in ihm ins Leben rief, so konnte er doch die Zustände seines Landes nicht mit eigenen Augen sehen, sondern war wesentlich an die Berichte gebunden,^welche ihm der Geheime Rath zu Hannover zugehen ließ. Dessen Stellen wurden aber ausschließlich aus dem hannöverischen Adel besetzt, und Familienverbindungen und Proteetionen spielten dabei eine große Rolle. Aehnlich verhielt es sich auch mit den bedeutenderen übrigen Be- amtenstellen. Namentlich wurden die Amtleute, die zugleich Pächter der fürstlichen Domänen waren und daraus eine fehr bedeutende Ein- nähme zogen, fast ausschließlich aus dem Kreise gewisser angesehener bürgerlicher Familien genommen, und wer nicht einer dieser „schönen" Familien angehörte, wurde überhaupt zu der vorgeschriebenen Beamten- Prüfung nicht zugelassen. Kurz, man kann sagen, Hannover war der Sache nach mehr eine aristokratische Republik, als ein monarchischer Staat. Eine nothwendige Folge dieser Verhältnisse war es, daß einer- seits zwar die ständischen Verfassungen der einzelnen Provinzen, in denen ja die Adelscurie den meisten Einfluß hatte, unangetastet blieben, während in anderen deutschen Ländern die Fürsten, dem von Frankreich und Ludwig Xiv ausgehenden Zuge folgend, ständische Rechte mit Füßen tretend sich zu unumschränkten Herren in ihren Gebieten mach- ten, daß aber andererseits auch die Gesetzgebung und Verwaltung des Landes in einen bedenklichen Stillstand gerieth. Daran war aber auch wesentlich der Umstand schuld, daß das Kurfürstenthum eigentlich noch immer aus getrennten Fürstentümern bestand, und die gemeinsame Regierung in Hannover wesentlich nur die Finanzen und das Heerwesen unter sich hatte. Nur Kalenberg und Grubenhagen hatten es zu einer Vereinigung ihrer Stände und Verwaltung gebracht. — Das aber muß unfern Königen rühmend nachgesagt werden, daß sie nichts aus dem Lande zu ziehen suchten. Während im benachbarten Braun- schweig z. B. Herzog Karl das Land in die tiefste Schuldenlast stürzte, um sich einen glänzenden Hof halten zu können, weit über die Kräfte des kleinen Landes hinaus, und den Schweiß seiner Unterthanen in üppigen Festen vergeudete, sammelte König Georg Iii das wenige, was ihm nach Bestreitung der Kosten der Hofhaltung zu Hannover, welche
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