1909 -
Altenburg
: Bonde
- Autor: Fritzsche, Richard
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Bürgerschule, Mittelschule, Volksschule
- Regionen (OPAC): Thüringen
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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kauf ober sammeln Reiser und binden daraus Besen. Viele suchen auch die Schätze,
die im Schoße des Gebirges lagern, zu heben. Der B e r g m a n n fährt in den tiefen
Schacht und löst beim trüben Schein des Grubenlichts das Eisenerz oder die Kohle.
In den zahlreichen Steinbrüchen sprengt der Steinbrecher die Porphyr- und Granit-
steine von den Felsen, die dann zu Bau-, Pflaster- oder Mühlsteinen verarbeitet werden;
in vielen Gruben gräbt man die wertvolle Porzellanerde, den feinen Quarz-
sand, den Braunstein und verschiedene Färb erden. Die Hauptbeschäftigung
der Gebirgsbewohner aber ist die Industrie, die infolge des Holz-, Stein- und
Wasserreichtums eine sehr lebhafte und vielseitige ist. Weit verbreitet ist die
Holzindustrie, wie die vielen Schneidemühlen an den Gebirgsbächen beweisen. Auch
die S p i e l w a r e n i n d u st r i e hat eine weite Verbreitung gefunden und wird besonders
in der Umgegend von Ohrdruf und Walters hausen betrieben. Ebenso ist die
Glas- und P o r z e l l a u i n d u st r i e zu hoher Blüte gelangt und besonders im Gebiet
der oberen Ilm und Gera (Ilmenau und Gehlberg) verbreitet. Hier werden in zahl-
reichen Glashütten Tafel- und Hohlglas angefertigt und in vielen Werkstätten Glasperlen,
Thermometer und andere Glaswaren hergestellt. Der Reichtum an Eisenerzen begünstigte
die Entwickelung der Eisenindustrie, die besonders schwunghaft am Südabhange
des Gebirges betrieben wird und ihren Sitz in Suhl, Zella und Schmalkalden
hat. Suhl ist der Hauptsitz der G e w e h r f a b r i k a t i o u und lieferte früher die
Kriegswaffen für aller Herren Länder. Heutzutage werden in Suhl besonders Jagd-
und Luxusgewehre gefertigt. Auch Zella liefert viel Gewehre, fertigt daneben aber
auch Maschinen und Fahrräder. In Schmalkalden und Umgegend aber werden die
vielen Schmalkaldner Artikel hergestellt: Ahlen, Bohrer, Zangen, Löffel, Brennmaschinen usw.,
die weithin versandt werden. Daneben haben sich aber auch noch andere Erwerbszweige
entwickelt: da webt man Leinwand und Gurte, umspinnt Hemdenknöpfe, dreht Horn-
pseifen oder fertigt allerlei Korbwaren und dergl. mehr.
Die rege Industrie hat auch einen regen Verkehr bewirkt und die Anlage vieler
Straßen und Eisenbahnen zur Folge gehabt. Ein ausgedehntes Netz gebahnter Wald-
wege und guter Straßen durchzieht das Gebirge und eine Reihe von Eisenbahnen
führt in das Gebirge hinein. Zwei derselben führen über das Gebirge hinweg und ver-
binden die Orte des Nord- und Südabhangs miteinander. Die eine dieser Bahnlinien
führt von Ilmenau nach Schleusiugen und Themar. Die zweite nimmt ihren Anfang
in Erfurt, zieht sich im Tal der Gera eutlang, durchschneidet in dem 3 km langen
Brandleitetunn M den Kamm des Gebirges und windet sich dann im Haseltal den Süd-
abhang hinab. Infolge der W e g s a m k e i t des Gebirges hat sich auch der Fremden-
verkehr vou Jahr zu Jahr gesteigert. Tausende von Fremden besuchen alljährlich
während des Sommers das Gebirge, um sieb an den hohen Bergen und tiefen Gründen
zu erfreuen oder sich in den ausgedehnten Wäldern und in der frischen Gebirgsluft zu
erholen. Infolgedessen haben sich im Lause der Zeit viele Orte des Thüriugerwalds zu
vielbesuchten Sommerfrischen und Luftkurorten entwickelt. Die bedeutendsten
sind: Ilmenau, Elgersburg, Oberhof, Tabarz, Friedrichroda,
Finsterbergen und Tambach. Durch diesen regen Fremdenverkehr hat sich der
Wohlstand der „Wäldler" mehr und mehr gehoben.
Das Jagdgebiet der Thüringer Landgrafen.
Jenseits des Jnselsberges beginnt der letzte Abschnitt des Thüringerwalds. Er erstreckt
sich in nordwestlicher Richtung bis zur Werra und bildet ein echtes Kettengebirge mit
vielfach gewundenem Kamm. Sein Rücken senkt sich nach Nordwesten mehr und mehr,
so daß das Nordwestende des Gebirges, der E i ch e l b e r g , nur noch 340 m hoch liegt.