1905 -
Berlin
: Mittler
- Autor: Pflug, Heinrich, Wolff, Albert
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fachschule, Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Iii. Die Industrie.
Geschichtliche Entwicklung- der deutschen Industrie.
Mittelalter. Die deutsehe Großindustrie, die mit ihren bewunderns-
werten Leistungen und außergewöhnlichen Fortschritten unser Erstaunen
wachruft, hat sich aus dem schlichten Handwerk entwickelt. Dieses aber
stand schon im Mittelalter in hoher Blüte; genossen doch die Leistungen
der Augsburger Tuchmacher und Nürnberger Metallarbeiter selbst im Aus-
lande hohes Ansehen.
16. bis 18. Jahrhundert. Als jedoch mit dem Rückgang der deutschen
Hansa der Handelsverkehr nachließ, geriet auch das Handwerk mehr und
mehr in Verfall. Der dreißigjährige Krieg richtete es vollständig zu-
grunde. Im 18. Jahrhundert jedoch zeigte sich im wirtschaftlichen Leben
Deutschlands eine Wendung zum Besseren. Anhaltende Kriege aber, die
auch in diesem Zeitraum ihre nachteiligen Wirkungen auf Handel und
Gewerbe ausübten, verhinderten einen schnelleren Fortschritt. Zudem
nahm die Gewerbtätigkeit eine falsche Richtung an und wandte sich nur
solchen industriellen Zweigen zu, die vorzugsweise Luxusartikel, wie Glas,
Handschuhe, Seidenwaren, Hüte und Porzellan, herstellten und nur bei der
wohlhabenden Bevölkerung auf Abnehmer rechnen konnten. Besser stand
es um die verschiedenen Zweige der Gewebeindustrie; Leinen-, Baum-
woll- und Wollwaren waren begehrte Artikel im In- und Auslande. Auch
Nürnberger Metallwaren fanden wieder im Auslande Beachtung, und
die Schwarzwälder Uhren fingen an, im Ausfuhrhandel Deutschlands
eine Rolle zu spielen. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zeigte
sich dank der Fürsorge Friedrichs des Großen ein schnellerer Fort-
schritt im wirtschaftlichen Leben. Der Bau von Straßen und Kanälen,
die Einrichtung von Kreditanstalten, die Einwanderung von Land-
wirten und Gewerbetreibenden förderten Landwirtschaft, Handel und
Industrie.
Ii). Jahrhundert. Zu Anfang des 19. Jahrhunderts erlitt der neu
einsetzende wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wieder eine, jedoch
nur vorübergehende, Störung durch die von Napoleon I. heraufbeschworenen
Kriegsstürme. Die im Jahre 1810 eingeführte Gewerbefreiheit machte die
Bahn für die ungehinderte Entwicklung der deutschen Industrie frei. Diese
vollzog sich anfangs nur schüchtern und langsam; aber die langjährige
Friedenszeit, die wirtschaftliche Einigung Deutschlands durch Grün-
dung des deutschen Zollvereins im Jahre 1834 und die Einführung des
Maschinenbetriebes brachten sie in ganz gewaltigem Maße zur Ent-
faltung. Als dann im Jahre 1871 die nationale Einigung erfolgte,
erwachte auf allen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens ein ungeheurer
Unternehmungsgeist. Die kapitalkräftige deutsche Industrie machte riesige
Fortschritte und wagte es, auf dem Weltmarkt den Wettkampf mit den
hochentwickelten Industrien der englischen, französischen und nordameri-
kanischen Nation aufzunehmen. Dieser jahrelange Kampf hat alle Welt
davon überzeugt, daß die deutsche Nation auf industriellem Gebiete allen
andern ebenbürtig zur Seite steht, und daß England die größten An-
strengungen zu machen hat, wenn es nicht von Deutschland überflügelt
•werden will.