1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Osbahr, Wilhelm, Eckardt, Paul
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Handelsschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
B2. Deutschlands Größe und Gestalt, 11
Ii. Gestalt.
a) Deuttcblands horizontale Gliederung. Sie ist keine günstige zu
nennen. Die Küsten betragen im großen gemessen 1900 km, also nur ein Viertel
der Länge der Gesamtgrenzen. Es gibt Plätze in Deutschland, die in gerader
Linie von dem nächsten Hafen 700 km entfernt sind, während z. B. in Italien
die größte Entfernung nur 240 km beträgt. Dazu kommt, daß die Küsten selbst
wenig zugänglich sind. Sie sind größtenteils Flachküsten. An der Nordsee
werden Ein- und Ausfahrt durch die sie umrandende Inselkette und das mir
nur wenig Fahrrinnen versehene Wattenmeer erschwert. An der Ostsee treten
die Haffe mit ihren Inseln und Nehrungen als Hemmnisse auf; nur die Küste
Ostjütlands ist durch ihren Buchtenreichtum günstiger gestaltet.
b) Deuttcblands vertikale Gliederung. 1. Abfall nach Norden. Der
hervorragendste Zug in der vertikalen Gliederung Deutschlands ist der allmähliche
Absall nach Norden, dem Meere zu. Dadurch wird zwischen der Temperatur
von Nord- und Süddeutschland ein Ausgleich geschaffen. Denn das Mehr,
das Süddeutschland insolge seiner südlicheren Lage haben müßte, wird wieder
ausgeglichen durch seine höhere Lage. Am bedeutungsvollsten aber ist, daß den
deutschen Flüssen der Weg nach Norden zum Meere gewiesen und unser Vater-
land schon dadurch zu einem Seehandelsstaate gestempelt wird. Die gleich-
förmige Abdachung nach Norden erleidet in der Süddeutschen Hochebene eine
Ausnahme. Diese senkt sich auch nach Osten. Daher erhält der Hauptfluß
dieses Gebietes, die Donau, eine östliche Laufrichtung.
2. Vorherrschaft des Tieflandes. Für Deutschlands Wirtschaft ist
weiter das Vorherrschen des Tieflandes von größter Bedeutung. Das Tief-
land nimmt ^/? der Fläche des Reiches in Anspruch. Es erreicht seine größte
Ausdehnung nördlich vom Fuße der Mittelgebirge und in der Oberrheinischen
Senke. In die Mittelgebirge schneidet es mit mehreren Buchten tief ein.
Diese Tieflandsbuchten haben für den Verkehr eine ähnliche Bedeutung wie
die Meeresbuchten. Sie sammeln den Verkehr, um ihn auf neue Wege im
Gebirgslande zu leiten. Hier konnten daher ähnliche Verkehrsmittelpunkte ent-
stehen, wie sie die Hafenstädte bilden. Breslau, Dresden, Leipzig, Braunschweig,
Hannover, Köln sind solche Plätze, von denen die Verkehrslinien gesammelt und
wieder ausgestrahlt werden. Durch den großen Tieflandsanteil ist Deutschland
für eine ausgedehnte Verkehrsentwicklung besonders geeignet, und auch seiner
Landwirtschaft sind dadurch die günstigsten Grundlagen gegeben. In den
Tieflandgebieten liegen daher die größten Städte.
3. Wegsamkeit der Gebirge. Es ist von großer Wichtigkeit, daß die
deutschen Gebirge durchweg leicht zu überschreiten sind. Diese Wegsamkeit ist
auf die geologische Vergangenheit Deutschlands zurückzuführen (f. S. 21), die
eine außerordentliche Vielgestaltigkeit des Bodens entstehen ließ. „Hohe und
niedrige Gebirgszüge, kleine und große Hochebenen, Stufenländer und regellose
Berglandschaften, abgeschnürte und offene Tiefebenen wechseln mannigfaltig mit-
einander ab." Wie wenig die deutschen Gebirge den Verkehr hemmen, sehen
wir an dem engen Eisenbahnnetz, das überall ohne große Schwierigkeit angelegt
werden konnte und fast nur die unwirtlichen, wirtschaftlich unwichtigen Höhen