1911 -
Bielefeld [u.a.]
: Velhagen & Klasing
- Autor: Osbahr, Wilhelm, Eckardt, Paul
- Auflagennummer (WdK): 5
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Handelsschule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Die deutschen Kolonien. 95
Kaiser-Wilhelmsland für große Schiffe zugänglich. Die Schantung-Eisenbahn in
Kiautschou ist bereits erwähnt worden. (S. 93.)
3. Künstliche Bewässerung. Da die Flüsse Afrikas, wie bereits erwähnt,
ein starkes Gefälle haben, sind sie während der Regenperioden reißende Ströme
und kurz darauf fast oder auch vollkommen leer. Das Wasser versickert sehr
schnell, besonders in Südwestafrika, und steht hier im Durchschnitt 18—25 m unter
der Oberfläche als Grundwasser. Das Steppenland kann daher zum großen Teil
in gutes Weideland, zum Teil sogar in Ackerboden umgewandelt werden, wenn
das vorhandene Wasser richtig benutzt wird. Aus diesem Grunde sind jetzt Bohr-
kommissionen in Südwestafrika tätig, die den Farmern Brunnen anlegen. Auch
an größere und kleinere Staumauern zur Anlage von Talsperren hat man gedacht,
jedoch muß die Zukunft erst lehren, wie weit sich diese Pläne verwirklichen lassen.
4. Arbeiterfrage. Da es in dem Tropenklima dem Weißen unmöglich
ist, dauernd körperlich zu arbeiten, so ist man zum großen Teil auf die Arbeit
der Eingeborenen angewiesen, die entweder selbständig Ackerbau treiben oder in
den Plantagen der Europäer beschäftigt find. In beiden Fällen stellen sich
Schwierigkeiten heraus. Der Neger hält zähe an der seit Jahrtausenden ge-
wohnten primitiven Weise des Feldbaues fest, und es ist außerordentlich schwierig,
ihn mit modernen Arbeitsweisen vertraut zu machen. Durch Einrichtung von
Musteranstalten und ständige Belehrung sucht man diesen Zweck zu erreichen.
Es ist somit erklärlich, daß die Eingeborenenerzeugnisse im allgemeinen hinter
den Produkten der Europäer zurückbleiben. Wir brauchen die Neger weiter als
Arbeiter in unseren Besitzungen; häufig ist ein Plantagenbetrieb unmöglich, da
es an den nötigen Arbeitskräften fehlt. Der Neger hat eine natürliche Scheu vor
der Arbeit, und da er außerordentlich anspruchslos ist, verbringt er 9/io seiner
Zeit mit Nichtstun. Hier ist mit Güte wenig zu erreichen; als bestes Mittel,
den Eingeborenen zur Arbeit zu zwingen, hat sich noch die Steuer erwiesen,
die als Hüttensteuer erhoben wird. Vielleicht geht man in Deutsch-Südwestasrika
ebenso wie in den britischen Gebieten noch dazu über, eine Kopfsteuer von
jedem männlichen, arbeitsfähigen Neger zu erheben die ihm erlassen wird,
wenn er in europäischen Plantagen arbeitet.
5. Oie Tätigkeit der Mission unterstützt den Staat in dem Bestreben,
die Eingeborenen zu einer höheren Kulturstufe zu bringen. Indem der
Missionar das Christentum predigt, macht er die Neger auch mit europäischen
Sitten und Gebräuchen bekannt; sie wünschen besser zu leben und werden dadurch
eher zur Arbeit geneigt. Allerdings geht dieses mühsame Werk nur langsam vor
sich, es hat wirtschaftlich auch nicht immer den gewünschten Erfolg, wie wir auf
Samoa sehen. Obgleich hier alle Einwohner bekehrte Christen sind, haben sie
doch eine gewisse Arbeitsscheu behalten, so daß sich die Einfuhr chinesischer
Kulis als nötig erwiesen hat. Immerhin spielt die Mission in der Entwicklung
eine große Rolle.
6. vie Tätigkeit cles Staates. Er verwaltet die Kolonien, sorgt für
Recht und Gesetz, verhindert die einseitige Ausnutzung, fördert die Unter-
fuchungen ^ und die Erziehung zur Arbeit, unterstützt Unternehmungen, welche
der Entwicklung der Kolonien dienlich sind (Schiffahrtslinien), schafft Einrich-