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1. Wirtschaftsgeographie und Wirtschaftskunde Deutschlands - S. 116

1911 - Bielefeld [u.a.] : Velhagen & Klasing
116 Hi. Teil. Erster Abschnitt. Iv. Wirtschaftspolitische Matznahmen. Wir haben gesehen, daß für die Entwicklung der Betriebssysteme die Preis- und Absatzverhältnisse von größter Bedeutung sind (s. S. 114). Diese aber werden wieder sehr durch wirtschaftspolitische Maßnahmen des Staates und der Unternehmer selbst beeinflußt. Von den ersteren sind vor allem die Zölle und Steuern, von den letzteren die Unternehmerverbände zu nennen. a) Zölle und Steuern. Der Staat hält es für seine Pflicht, die einheimische Pro- duktion vor dem übermächtigen Wettbewerb des Auslandes zu schützen. Er sucht dies durch Abgaben zu erreichen, die für die Einfuhr fremder Waren erhoben werden (Schutz- zölle z. B. auf Getreide). Von manchen Gegenständen, namentlich von Genußmitteln wie Kaffee, Tee usw. werden Zölle erhoben, nur um dem Staate Einnahmen zu ver- schaffen (Finanzzölle). Aus demselben Grunde werden im Jnlande erzeugte Genuß- mittel wie Tabak, Bier usw. mit Abgaben belegt (Verbrauchssteuern). In beiden Fällen wird aber oft noch der Zweck verfolgt, den inländischen'verbrauch einzuschränken (Branntwein). Dagegen soll der Absatz nach dem Auslande gefördert werden, weshalb der Staat oft Rückvergütungen von Steuern und Zöllen, zuweilen auch Ausfuhr- Prämien gewährt (Zucker). b) Tlnternekmerverbäncle. Das sind „Vereinigungen von Unternehmern zur Wahr- nehmung ihrer gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen". Am wichtigsten sind die Kar- telle oder Syndikate, unter Umständen auch Ringe genannt, welche den Zweck haben, den freien Wettbewerb einzuschränken. Vereinigen sich die Käufer von Waren zum ge- meinfamen Preiskampfe gegen die Lieferanten, so spricht man von Abnehmerkartellen. Verbände dieser Art sind selten und werden meist nur für kürzere Zeit geschlossen, ihr Kampfmittel ist der Boykott. Schließen sich die Verkäufer zusammen, um einträglichere Preise zu erzielen oder schädigende Preisschwankungen zu verhüten, so entstehen Verkaufs- sy nd ika te (Kohlensyndikat). Die letzteren erreichen ihr Ziel dadurch, daß I » den Mitgliedern Produktionsbeschränkungen auferlegt werden (Produktionskartelle), oder 2) die Absatzgebiete verteilt werden (Gebietskartelle», oder 3) gemeinsame Preise festgestellt werden (Preis- kartelle), oder 4) alle Mitglieder ihren Gewinn in eine gemeinsame Kasse zahlen oder der Verkauf der Erzeugnisse aller Mitglieder von einer gemeinsamen Verkaufsstelle aus statt- findet (Zentrale für Spiritusverwertung). Der angesammelte Gewinn wird in diesem Falle an die Mitglieder in einem bestimmten Verhältnis verteilt (Gewinnkartelle). Es kommen auch vollkommene Verschmelzungen von Unternehmungen vor, so daß deren Selbständigkeit ganz verloren geht. Man nennt dieselben Fusionen oder, wenn sie eine monopolistische Beherrschung des Marktes erstreben, Trusts (Slandard-Oil-Eomp.). V. Verbreitung (Standorte) der Wirtschaftszweige. Die Verbreitung der Wirtschaftszweige wird meist durch ganz bestimmte Umstände bewirkt. Am stärksten ist der Einfluß der Naturverhältnisse. Für die Landwirtschaft sind Boden und Klima, für die Industrie die Stätten der Kraftquellen (Kohle, Wosserläufe) und der Rohstofferzeugung, für den Verkehr die natürlichen Verkehrswege maßgebend. Allmählich aber findet bei vielen Wirtschaftszweigen eine Loslösung vom Naturzwange statt. Dadurch werden andere Bedingungen für ihren Standort geschaffen. Insbesondere wirken für die gütererzeugenden Wirtschaftszweige Verkehrs- und Absatzverhältnisse, wirtschafte und verkehrs- politische Maßnahmen bestimmend. Häufig ist der Standort einer Industrie nur geschichtlich zu erklären. So war im Elstertal in Sachsen früher die Perlenfischerei von Bedeutung (S. 62), daraus entwickelte sich die Perlmutter-Industrie. Heute besteht die Industrie zwar weiter, jedoch nur, weil ein alter Arbeiterstamm sie von Generation zu Generalion vererbt. Ahnliche Verhältnisse finden wir in der Stahlwarenfabrikation des Bergischen Landes. (Solingen.)
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