1872 -
Glogau
: Flemming
- Autor: Kriebitzsch, Karl Theodor
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Calabrien ist eine merkwürdig zerrissene, unwegsame, unzugängliche
Halbinsel. Reggio noch heute eine blühende Handelsstadt. Cosenza: Alarich
410. Apulier und Calabreser (Calabreser Hüte) sind ein rohes, Müßiggänge-
risches, leidenschaftliches Volk, immer mit Dolch und Pistole bewaffnet, immer
zu Raub und Mord aufgelegt, und das Brigantenthum in Calabrien ist noch
heute wie vor Zeiten die Klage der Reifenden, die Roth einer Regierung, die
des Unwesens Herr zu werden nicht im Stande ist. Im Februar 1783
wurde Calabrien von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht, das in Zeit
von wenigen Minuten 40000 Menschen begrub und 300 Städte und
Dörfer der südlichen Landschaft zerstörte. Ein neueres im Jahre 1857 tödtete
9000 Menschen.
H. Sicilien, die Brücke zwischen Italien und Afrika und zwischen dem
Osten und Westen des Mittelmeeres, die Perle dieses Meeres, hat die Gestalt
eines Dreiecks und gegen 500 Ihm. Flächeninhalt. Die ganze Nordküste
nimmt eine zusammenhangende Gebirgskette — eine Fortsetzung des Apennin
von Calabrien, mit dem es wohl einst zusammenhing — ein, die zum Meere
jäh und steil abfällt, während das Südgehänge ein Plateau von durchgängig
1000 bis 1200' Meereshöhe bildet. Nur die äußersten Südküsten und der
Ostrand (die Ebene von Catania) ist Tiefebene. Die Ostseite der Insel zeigt
gleich dem benachbarten Südende der Halbinsel vielfach vulcanifche Formen
und Erscheinungen, und südlich vom pelorischen Gebirge erhebt sich, frei
und ifolirt, von den übrigen Gebirgen Siciliens ganz abgesondert, zu einer
Höhe von 10200', also bis in die Region des ewigen Eises, der Aetna, der
höchste Berg in Italien, der gewaltigste Vulcan von Europa. Sein Umsang
beträgt 20 geographische Meilen, seine Basis hat rundliche, der ganze Berg
Kegelform. Er hat mehrere hundert kleine Krater, kegelförmige kleine abge-
sonderte Berge mit trichterförmigen Vertiefungen, durch welche sich im Lauf
der Zeit das unterirdische Feuer, die eingeschlossenen Dämpfe den Ausweg
verschafft haben; der höchste Krater, der wie ein Vater zwischen seinen Kindern
steht, hat 2500' im Durchmesser. Die verheerenden Ausbrüche sind, wie bei
allen Vulcanen von bedeutender Höhe, verhältnißmäßig selten und geschehen
gewöhnlich nicht durch den höchsten, sondern durch einen jener Nebenkrater.
Aber geschehen sie seltener, so sind sie, wenn sie kommen, desto heftiger; wie
1329, 1669 (wo 46 Städte untergingen und 90000 Menschen umkamen),
1693,1732,1780,1797—1800,1842. Der Boden, überall vnlcanisch, besteht
aus Lava, vulcanischem Sand, vulcanischer Asche und ausgeworfenen Stein-
Massen. Je höher man kommt, desto mehr nimmt die Menge und Höhe von
Sand und Asche zu, und der oberste Theil ist fast ganz damit bedeckt. Die Lava-
massen thürmen sich oft wie unübersteigliche Mauern 40 bis 50', ja 300' hoch
auf, oft reichen sie meilenbreit und meilenweit in die Landschaften am Südfuß
des Berges. Quellen, Bäche, Flüfse hat der Aetna nicht, was sich aus der
Form des Berges, der Art des Bodens, dem Fehlen von Thälern und Rasen
erklärt; die Bewohner sind, besonders in den höheren Theilen, auf Cisternen-
w asser beschräukt. Nach dem Pslanzenleben kann man den Boden, wie auch
die Bewohner selber thun, in drei Gürtel eintheilen, den angebauten, den
Waldgürtel und den nackten Gürtel, oder die bebaute, die Wald- und
die Schneeregion (regione colta, regione nemorosa, regione nevosa). In dem