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1. Enthaltend die vierte Stufe: Europa - S. 220

1872 - Glogau : Flemming
— 220 — bewürfen, vergnügt er sich in tanzenden Bewegungen und treibt pantomimische Spiele. Auch Amphibien fehlen der Steppe nicht. Kröten kommen nach jedem Regen in so erstaunlicher Menge hervor, daß die Bewohner behaupten, es regne Kröten. In den Schilfwaldungen giebt es viele Schlangen. Oester werden die Steppen von ungeheuren Wanderhaufen Heuschrecken heimgesucht, die, wenn es nicht gelingt, sie durch Lärmen und Schreien und Schießen und den Rauch angezündeter Stroh- und Misthaufen abzuwehren oder sich ein Wind erhebt, der sie vertreibt, weite Flächen fußhoch bedecken und alles Grüne bis auf die Wurzel in wenigen Stunden abfressen, so daß die ganze Körnerernte verloren geht und das Vieh Wochen lang Noth leidet. Auch durch Schorn- steine und Fenster fallen sie in die Häuser, und es wird von ihren dichten Massen aus den Straßen ganz dunkel. — Ein schweres Geschäft haben in der Steppe die Tabuntschiks, die Hirten, die die halbwilden Pferdeheerden, deren es hier sehr viele giebt, auf dem Gutsgebiete zusammen zu halten, vor Dieben,Wölfen, Gewittern zu beschützen haben. Sie tragen einen aus brauner Schafwolle gewebten Mantel, an den oben eine weite Kapuze genäht ist, die über Mütze,Kopf und Gesicht gezogen wird und worin nur süraugen,Mund und Nase eine Oeffnung bleibt. In der Haud hält der Mann eine lange Peitsche mit kurzem dickem Stiel und eine lange Schlinge, an deren einem Ende ein eiserner Ring zum Durchziehen des andern Endes befestigt ist. Mit diesen beiden Waffen hält er die ganze, oft gegen tausend Köpfe starke Heerde zusammen und fängt die Verlaufenen ein. Besonders gefährlich sind den Pferden die An- griffe der Wölfe. Wenn sie in ganzen Rudeln heranrücken, schließen die Pserde eine ordentliche Phalanx und greifen sie mit solcher Wuth und Heftigkeit mit Gebiß und Vorderfüßen an, daß viele der räuberischen Bestien ins Gras beißen müssen. Der Tabuntschik haust Tag und Nacht auf dem Pferde und muß sich gewöhnen, Regen und Sturm, Schneegestöber und Gluthhitze gleich- müthig zu ertragen. Besser sind die Ochsen- und Schafhirten der Steppe daran, die auf ihren Wanderungen beständig Wagen mit sich führen, mit denen sie sich nur hier und da auf kurze Zeit ansiedeln. So die nomadischen Mongolenhirten, die mit ihren viele Tausende zählenden Heerden oft die schönen grasreichen Viehweiden heimsuchen, ihre leichten Wanderzelte in der Steppe aufschlagen und wenn der Boden abgegrast ist, weiter ziehen. Doch halten kleinrussische Grundbesitzer in ihren Steppenländereien auch stehende Schaf- und Rinderheerden zu vielen tausend Stück. Von den fetten Ochsen ist besonders der Talg ein wichtiger Handelsartikel, von dem jährlich aus Rußland für 70 Mill. Rubel ausgeführt wird. Das Getreide läßt man von den Hufen der Pferde ausdreschen. — Dörfer haben die Steppen wenig, sie liegen gewöhnlich mitten im Steppenrasen, umgeben von Heu- und Stroh- Haufen; mehr finden sich einzelne zerstreute Gehöste, deren Dächer mit Schilf gedeckt. Diese wie jene gehen nicht selten zu Grunde dnrch Steppenbrände. Damit verhält es sich so. Im Frühjahr, sogleich nach dem Wegschmelzen des Schnees, kommt es öfters vor, daß die Bewohner, um den Graswuchs zu ver- bessern, die Steppe abbrennen, denn unter dem weggebrannten Grase sprießt schnell neues hervor. Aber die Sache ist nicht ohne große Gefahr. Das Feuer nimmt oft einen der Berechnung entgegengesetzten Weg, überspringt die ge- zogenen Gräben und Furchen, geht, durch den entstehenden Sturmwind ver-
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