1900 -
Freiburg im Breisgau
: Herder
- Autor: Bumüller, Johannes, Schuster, Ignaz
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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von Grün entblößt, nackter und schrecklicher wäre als die große
niederungarische Ebene. Wenn das Frühjahr mit wohlthätigem Regen
eintritt, so schießt überall, wo das Land noch Steppe oder Pußte
ist, kräftiges Gras üppig empor. In wenigen Tagen ist alles grün,
und jede Hand greift zu Pflug und Egge, um in eilender Arbeit die
Saat in die Erde zu bringen. Denn gar bald sinkt die Sonnenglut
verdorrend nieder und weicht nicht mehr. Dann wird der Erd-
boden hart wie Stein, Gras und Kräuter sinken zusammen, und
die weite Fläche erscheint braun, grau und schwärzlich. Lange
Wochen und Monate lechzt alles nach Regen. Der ungarische Berg-
gürtel hält die Wolken ab, und wenn auch eine über die Wälder
hereinstreift, verdunstet sie in dem kochenden Kessel sehr schnell. Leicht
kann eine Dürre eintreten, so schrecklich und sengend, daß das Vieh
die elenden, halbverfaulten Strohdächer abnagt, und der Mensch sich
vor der peinigenden Glut in die Erde verkriechen möchte. Auf den
knrzen Herbst, welcher die Hitze mildert und das Gras wieder her-
vorrust, folgt ein strenger Winter, der mit seinen Regengüsseu ent-
weder das Land in tiefe Moräste verwandelt oder mit eisigen Stürmen
und strenger Kälte heimsucht. Dann wird die ganze Ebene völlig
uuwirtbar und unwegsam.
Das ist das vielgenannte Pußtenland. In frühern Zeiten war
es noch viel trauriger damit bestellt; denn damals sah man fast
nichts als nackte, offene Heide, die zur Viehhut diente, und jeder
Edelhof und jede Gemeinde nannte ihren Anteil daran ihre Pußta.
Das ist in neuerer Zeit anders geworden. Die Fläche der Pußten
hat sich verkleinert, die Zahl aber mehr als verzehnfacht, und jetzt
haben sie durchgängig das Notdürftigste an Baulichkeiten, ein Gerüst
zum Maistrocknen, einen offenen Dreschplatz und eine Hütte nebst
Schuppen. Ungarn ist von der Viehzucht zum Ackerbau übergegangen.
Die Viehherden werden immer kleiner; in vielen Gegenden klingt die
Erzählung von ihren frühern Massen heute schon wie eine Sage aus
alter Zeit. Statt des harten Grases, des struppigen Schilfes, der
hohen Unkrautstauden, welche früher die Pußten bedeckten, breiten
sich jetzt weithin goldene Saatfelder aus; nicht aber gedeihen Bäume