Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Erdkunde - S. 262

1900 - Freiburg im Breisgau : Herder
— 262 — von Grün entblößt, nackter und schrecklicher wäre als die große niederungarische Ebene. Wenn das Frühjahr mit wohlthätigem Regen eintritt, so schießt überall, wo das Land noch Steppe oder Pußte ist, kräftiges Gras üppig empor. In wenigen Tagen ist alles grün, und jede Hand greift zu Pflug und Egge, um in eilender Arbeit die Saat in die Erde zu bringen. Denn gar bald sinkt die Sonnenglut verdorrend nieder und weicht nicht mehr. Dann wird der Erd- boden hart wie Stein, Gras und Kräuter sinken zusammen, und die weite Fläche erscheint braun, grau und schwärzlich. Lange Wochen und Monate lechzt alles nach Regen. Der ungarische Berg- gürtel hält die Wolken ab, und wenn auch eine über die Wälder hereinstreift, verdunstet sie in dem kochenden Kessel sehr schnell. Leicht kann eine Dürre eintreten, so schrecklich und sengend, daß das Vieh die elenden, halbverfaulten Strohdächer abnagt, und der Mensch sich vor der peinigenden Glut in die Erde verkriechen möchte. Auf den knrzen Herbst, welcher die Hitze mildert und das Gras wieder her- vorrust, folgt ein strenger Winter, der mit seinen Regengüsseu ent- weder das Land in tiefe Moräste verwandelt oder mit eisigen Stürmen und strenger Kälte heimsucht. Dann wird die ganze Ebene völlig uuwirtbar und unwegsam. Das ist das vielgenannte Pußtenland. In frühern Zeiten war es noch viel trauriger damit bestellt; denn damals sah man fast nichts als nackte, offene Heide, die zur Viehhut diente, und jeder Edelhof und jede Gemeinde nannte ihren Anteil daran ihre Pußta. Das ist in neuerer Zeit anders geworden. Die Fläche der Pußten hat sich verkleinert, die Zahl aber mehr als verzehnfacht, und jetzt haben sie durchgängig das Notdürftigste an Baulichkeiten, ein Gerüst zum Maistrocknen, einen offenen Dreschplatz und eine Hütte nebst Schuppen. Ungarn ist von der Viehzucht zum Ackerbau übergegangen. Die Viehherden werden immer kleiner; in vielen Gegenden klingt die Erzählung von ihren frühern Massen heute schon wie eine Sage aus alter Zeit. Statt des harten Grases, des struppigen Schilfes, der hohen Unkrautstauden, welche früher die Pußten bedeckten, breiten sich jetzt weithin goldene Saatfelder aus; nicht aber gedeihen Bäume
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer