1908 -
Schwabach
: Schreyer
- Autor: Bahmer, David, Wenger, Franz, Lutz, August, Korn, Adolf
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Maingebiet, Bayern
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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2. Ruf der Massenönrg.
a) Wir wandern vom Korbmacherland aus nach Osten, immer
den Main entlang und kommen bald vorüber au der Stelle, wo unser
Fluß die im Frankenwald entspringende Nodach aufnimmt. Diese
führt dem Maiu viele miteinander verbundene schwimmende Baum-
stamme — Flöße — zu, die schon lange unsre Aufmerksamkeit auf sich
zogen. — Nun begegnet uns ein Eisenbahnzug, der nur aus weiß
angestrichenen Wagen besteht! „Das ist ein, Bierzug." — Er
kommt von Kulmbach, einer Stadt, die hier am Weißen Main
liegt. Vielen hohen Schornsteinen entqualmen unaufhörlich schwarze
Rauchwolken. Kulmbach ist eine Fabrikstadt. Namentlich gibt es
dort große Brauereien, die vortreffliches Bier Herstelleu. Dazu ver-
wenden sie vielleicht Hopfen von Spalt — Und der Bierzug? Sie
verschicken ihr Bier iu audre Städte. Weit fort, sogar uach Afrika
und Australien, kommt Kulmbacher Bier.
Zusammenfassung: Kulmbach.
Waudruug uach Osten; Rodachmündung, Flöße; Bierzug;
Kulmbach a. W. Maiu; Kulmbacher Wer.
b) Hoch obeu erblicken wir ein mächtiges Schloß. Es ist
die viertürmige, „trotzig-finstere" Plasseubura. Wem gehörten
die Schlösser in Ansbach, Erlangen und Neustadt? Den Mark-
grafen. — Auch die Plassenbnrg war ein M ar kg r a f e n fch lo ß.
Dort giug es oft lustig her. Freilich sah" die Plasseuburg auch'
traurige Tage.
Der Markgraf war gestorben und hatte eine trauernde Witwe
mit zwei Kiuderu, einem Knaben und eiuem Mädchen, hinterlassen.
Als das Trauerjahr vorüber war, wollte die Witwe dem Burggrafeu
von Nürnberg die Hand zum ehelichen Bnnde reichen. „Wenn nur
vier Augen nicht wären!" ließ dieser der Gräfin zu wissen tun. „Da
kann geholfen werden!" denkt Kunigunde. In der Nacht schleicht
die Rabenmutter au das Lager ihrer schlafenden Kleinen und bohrt
deu Ärmsten eine goldene Nadel in das Gehirn. — Verzweiflungsvoll
rang die Heuchlerin die Hände, als man ihr am andren Morgen die
Kunde von dem plötzlichen Tod ihrer Kinder überbrachte. Nur die
schweigende Nacht war Mitwisserin der schrecklichen Tat. Kaum wareu
die Ermordeten bestattet, so erwachte das Gewissen der gottlosen
Mutter. In wilden Träumen erzählte sie von ihrer Blutschuld. —
Dem Burggrafen kommt die Nachricht zu Ohren. „Davor behüte
mich Gott, daß ich die Mörderin ihrer Kinder heimhole in meine
Burg!" ruft er voll Abscheu aus. — Nicht die Augen der unschuldigen
Kinderlein hatte er gemeint, sondern die seiner Eltern, die nicht in
die Ehe willigen wollten. Aus der Heirat wurde nichts. Ruhelos
wanderte die Verlassene umher. Auf den Knien rutschte sie iu ihrer
Seelenangst einmal gar von der Plassenbnrg an das Grab der er-