1879 -
Gütersloh [u.a.]
: Bertelsmann
- Autor: Hess, Georg
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
F. Mitteleuropa. Rheinprovinz. 347
Unmittelbar an Aachen stößt Burtscheid (10 000 E.), das ähnliche
Industrie treibt.
Im S. Eupen (15000 E.) mit der bedeutendsten Tnchsabrikation in
Preußen; noch südlicher Malmedy (15 000 E.) mit der bedeutendsten Leder-
fabrikation, auch sonst gewerbfleißig; beide Orte im hohen Venn lang hin-
gestreckt.
An der Roer*: Düren (15 000 E.), alte Römerstadt, fabrikthätig
und Jülich (5000 E.) einst Hauptstadt des Herzogthums Jülich. Zwischen
beiden Städten fruchtbares Land, „des heiligen Römischen Reichs Korn-
kammer".
4. Regierungsbezirk Cölu (im £>.).
Coln (135 000(5.) l. am Rhein, durch Brücken mit Deutz verbunden,
drittgrößte Stadt in Preußen, größte am Rhein, uralte Ueberfahrts-, Fluß-
Hafen-, Handels- und Festungsstätte, in der Mitte der Bonner Tieflandsbucht
auf erhöhtem Ufer gelegen, wo der breite Strom lebhafte Schifffahrt gestattet,
von Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Nord-, Ost- und Mitteldeutschland
bequeme Straßen zu Lande heranführen und das reiche Wassernetz der Nieder-
lande nahe ist, das wieder auf Verkehr mit England hinweis't10).
Cöln wohl unter allen deutschen Städten am denkwürdigsten durch seine
alte und reiche Cnltnr, schon über 1900 Jahre lang als Stadt bestehend,
einst von den Ubiern angelegt; 37 v. Chr. dort ein Castell, 50 n. Chr. die
colonia Agrippinensis (Agrippina) errichtetu). Später war es Hauptstadt der
ripuarischen Franken, seit Errichtung des Erzbisthums unter Karl d. Gr. ein
Hauptmittelpunkt des Christenthums (das deutsche Rom), seit 1212 freie
Reichsstadt, Vorort eines Quartiers der Hansa und sehr gefürchtet,
Sitz von Künsten und Wissenschaften, seit der Reformation zurückgegangen,
weil die Protestanten ihre Industrie uach dem Wupperthale verpflanzten, unter
Preußen vou neuem erblüht^).
Jetzt Cöln die reichste Stadt am Rhein, lebhafte Industrie in ver-
schiedenen Zweigen treibend (24 Fabriken für Eau de Cologne!), erster
erbaut sind, enthält sein Grabdenkmal und viele Reliquien. Daher große Wallfahrten
nach Aachen (jährlich c. V2 Mill. Wallfahrer». Im Kaiserbade (58 0 Wärme) hat schon
Karl d. Gr. gebadet. Daneben zahlreiche andere Bäder.
Cöln vor dem ähnlich gelegenen Bonn dadurch bevorzugt, daß es schon mehr
in der Ebene liegt, wo sich alle Straßen schon in weiterer Entfernung bequemer ent-
wickeln können. Es liegt ziemlich in der Mitte zwischen Berlin und Paris. Ursprung-
lich lag es gleich diesen auf einer Insel, dadurch auch erhöhten Schutz genießend; erst
unter Otto d. Gr. wurde der westliche Arm ausgefüllt.
M) Die Ubier hatten dort eine Burg und Opferstätte (ara); die Römer machten
Cöln zur Hauptstadt von Germania secunda im Mittelpunkt ihrer Militärstraßen.
n) Die einstige geistliche Macht hat ihre'spuren in prachtvollen Kirchen der
verschiedensten Stilarten hinterlassen (man zählte vor der französischen Revolution 200
Kirchen und Kapellen); der Erzbischof nahm später seine Residenz in Bonn, das Dom-
capitel blieb aber in Cöln. Im Mittelalter Cöln namentlich durch Friedrich I. begün-
stigt, der hierher die Gebeine der heiligen 3 Könige sandte und dadurch Cöln zu
einem der besuchtesten Wallsahrtsorte machte, im Verkehr mit England durch seine
starke Tuchindustrie immer mehr emporgeblüht, 1288 Sieger in der Schlacht bei Wor-
ringen (nördlicher am Rhein) eine Zeit lang erste Handelsstadt in Deutschland,
die den Geldwerth für das westliche Europa regulierte, seit 1388 Universität, nach-
dem schon früher an der Klosterschule ausgezeichnete Gelehrte gewirkt hatten; auch
die Kunst dort gepflegt (der Dom 1248 gegründet; Meister Stephan und Rubens!).