1880 -
Hannover
: Klindworth
- Autor: Guthe, Hermann
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Braunschweig, Hannover
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Braunschweig/Hannover
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Die neuere Zeit.
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aufgenommen wurde. Man misstraute dem Antragsteller. Der Leiter
der Preußischen Politik, Gras Bismarck, hatte mit den eigenen Stän-
den Preußens bisher schwere, leidenschaftliche Kämpfe geführt, in
denen es sich wesentlich um die Herbeischaffung von Mitteln für Star-
kung und Vermehrung der Wehrkraft Preußens gehandelt hatte, und
die Regierung hatte mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln gegen
jeden in dieser Richtung sich geltend machenden Widerstand ange-
kämpft. Man sah darin Zeichen einer ungemessenen Militärlieb-
haberei, welcher die materiellen Kräfte des Landes geopfert werden
sollten. Man glaubte eben, dass dies alles nicht Mittel, sondern
Selbstzweck sein sollte, und meinte, für Deutschland erst die Freiheit
fordern zu müssen, weil sich dann die Einheit von selbst machen werde.
— Der Bundestag wählte eine Kommission zur Begutachtung des
Antrages. Für König Georg V aber scheint der Preußische Antrag
die Folge gehabt zu haben, dass er nunmehr sich eng an Oesterreich
mit der ganzen Kraft anschloß, welche die Erkenntniss eines lange ge-
hegten Jrrthumes gewährt. Er hatte wohl nie erwartet, das Wort
„Parlament" aus dem Munde eines Preußischen Ministers zu hören.
Zu gleicher Zeit strengte Oesterreich am Hannöverschen Hofe alle
Kräfte an, diesen zu sich hinüber zu ziehen, und scheint, wie aus man-
cherlei Anzeichen hervorgeht, für den Fall eines Krieges mit Preußen
dem Könige für seine aktive Hülfe mancherlei Versprechungen gemacht
zu haben. — Als Gegengabe gegen den Preußischen Parlamentsan-
trag legte Oesterreich gegen die früher mit Preußen getroffene Verab-
redung die Schleswig-holsteinische Frage dem Bunde zur Entscheidung
vor und beries zugleich die Holsteinischen Stünde ein. Darauf ließ
Preußen seine Truppen, die bisher nur in Schleswig gelegen hatten,
in Holstein einrücken, um einen Zusammentritt der Stände unmöglich
zu machen, indem es zugleich am Bundestage erklärte, die Schleswig-
holsteinische Frage nur mit einer Bundesgewalt verhandeln zu wollen,
der eine parlamentarische Vertretung zur Seite stehe. In Folge da-
von verließen die Oesterreicher das Herzogthum Holstein, welches nun
ohne Widerstand von Preußen besetzt wurde, und die Oesterreichische
Regierung verklagte am Bunde Preußen wegen gewaltthätiger Selbst-
hülfe in Holstein und trug auf Mobilmachung der gefammten Bun-
desarmee, die Preußischen Korps allein ausgenommen, an. Am
14. Juni 1866 nahm die Mehrheit der Bundesgenossen den Oester-
reichischen Antrag in allen seinen wesentlichen Punkten an, worauf
der Preußische Gesandte den Bund für gebrochen erklärte, weil die
Bundesverfassung höchstens ein Exekutionsverfahren kenne, für welches
bestimmte Regeln und Gesetze vorgeschrieben seien, keineswegs aber
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