1893 -
Bielefeld
: Velhagen & Klasing
- Autor: Kahnmeyer, Ludwig, Wurthe, Wilhelm, Schulze, Hermann, Niemann, Gustav, Gieseler, Albert, Baade, Friedrich, Borchers, Emil
- Auflagennummer (WdK): 12
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
Bis 1296 war sie Residenz der polnischen Könige. Im Mittelalter blühte sie besonders
durch Handel, da sie den Verkehr zwischen Deutschland und dem Osten Europas ver-
mittelte. Auch heute noch bildet der Handel mit russischen und polnischen Landespro-
dukten den Haupterwerbszweig der Bewohner. Namentlich werden Holz, Getreide, Wolle,
Schweine, Felle, Honig :c. von Posen aus weiter nach Deutschland hinein versendet.
Die Bewohner sind nur zur Hälfte deutscher Herkunft, i/4 sind Juden, V* Polen.
3. Der polnische Bauer. Die Bewohner der Provinz sind zur größern Hälfte
polnischer Abstammung und die Dörfer im östlichen Teile fast ausschließlich von Polen
bewohnt. So lange das Land unter polnischer Herrschaft stand, war der Bauer Leib-
eigner seines Gutsherrn, und in den Dörfern sah es jämmerlich aus. Seitdem jedoch
das Land preußisch und der Bauer ein freier Mann geworden ist, hat sich vieles ge-
bessert. Die Dörfer, in denen z. T. jetzt auch schon viele Deutsche wohnen, haben ein
sauberes und freundlicheres Aussehen erhalten. An vielen Stellen, wo früher ein altes
zerfallenes Wohnhaus mit zerfetztem Strohdache stand, erhebt sich jetzt ein anderes, das
nett und dicht gebaut und nicht selten mit Ziegeln gedeckt ist. In der Stube wird die
Luft nicht mehr durch Gänse, Schweine u. a. Kleinvieh verpestet; die Dorfstraße ist
gepflastert, und die Wege sind mit Bäumen bepflanzt worden. Fast in allen Dörfern
sind Schulen errichtet, und lesen und schreiben lernt jetzt wohl jedes Kind.
6. Provinz Schlesien, (über 40 T. qkm — 4m.— Vs kath.)
1. Bodengestalt. Schlesien hat im allgemeinen die Gestalt eines großen mulden-
förmigen Thales, das im Osten vom südlichen Landrücken (dessen bedeutendster Teil
die Taruowitzer Höheu sind), im Südwesten aber von den Sudeten (S. 5) um-
schlössen wird.
2. Das Oderthal. Der größte Teil Schlesiens ist Tiefland, das der Länge nach
von der Oder durchflössen wird. (Nenne die bedeutendsten Nebenflüsse der Oder in
Schlesien! S. 10.) Bei Ratibor wird die Oder schiffbar. Dichte Forsten, hier und
da von magern Äckern unterbrochen, bedecken hier ihre Ufer. Bald aber lichtet sich
das linke Ufer, und ein fettes Weizenfeld beginnt, das sich bis zu dem durch seine Gemüse-
und Blumengärtnereien bekannten Liegnitz hin erstreckt. An Kosel, Oppeln und
Brieg vorüber führt die Oder nach Breslau (350 T.), der Hauptstadt Schlesiens.
Breslau ist die zweitgrößte Stadt Preußens. Auf dem Marktplatze erfreuen uns
die Standbilder Friedrichs d. Gr. und Friedrich Wilhelms Iii., auf dem Blücherplatze
erhebt sich das Denkmal Blüchers. (Aus welcher Veranlassung sind diese Denkmäler
gesetzt?) Die Kohlenvorräte der Provinz (wo? siehe die folgend. Kap.!) ermöglichen
eine großartige Fabrikthätigkeit, die sich hauptsächlich auf Maschinen und Wollweberei
erstreckt. Die Wolle liefert hauptsächlich das rechte, sandige Oderuser, wo etwa 3 Mill.
Schafe in ungeheuer großen Schäfereien gehalten werden. Daher auch hat Breslau
einen der bedeutendsten Wollmärkte in Europa.
Im Westen und Süden von Breslau dehnt sich die äußerst fruchtbare mittel-
schleiche Ebene aus, deren Zuckerrübenbau zahlreiche Zuckerfabriken hervorgerufen hat.
Der Hauptort hier ist Liegnitz. Die weite Ebene ist oftmals der Schauplatz heftiger
Kämpfe gewesen, so bei Mollwitz 1741, Hohenfriedberg 1745, Leuthen 1757,
Liegnitz 1760, an der Katzbach 1813. — Stromabwärts von Breslau gelangen
wir nach der Festung Glogau und von dort mit der Eisenbahn nach Grünberg,
in dessen hügeliger Umgebung noch Wein gebaut wird.
3. Am Fuße der Sudeten dehnt sich bis zur Ebene hin ein breites Hügelland
aus, das von muntern Gebirgsbächen durchschnitten wird. In den langen, tiefen
Thälern ziehen sich oft stundenlange Gebirgsdörser hin, wie Langenbielau (20 T.),
Wüstegiersdorf n. a. Die Bewohner derselben ernähren sich — da Bergbau wegen
Mangel an Erzen nur im geringen Maße betrieben werden kann — vielfach als