1901 -
Stuttgart
: Lung
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 44
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Württemberg
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
— 12 —
abzutreten, mit Freuden an. Nach mancherlei Beratungen kam es am
14. Dezember 1482 an dem wichtigen Münsinger Vertrag, in welchem
beschlossen und durch beide Graseu, die Prälaten, Ritter und Abgeordneten
der Städte und Ämter beschworen wurde, „daß beider Land und Leute aus
alle Zeiten ein Land^ Regiment und Weseu ehrlich, löblich und wehrlich
beieinander bleiben und stets durch den ältesten Herrn in der Familie
regiert werden sotten." Die Hauptstadt des Laudes solle Stuttgart sein.
Bon 1482—1495 regierte Eberhard über das wiedervereinigte
Württemberg. Im ganzen deutscheu Reiche staud er in hohem An-
sehen, besonders schätzte ihn Kaiser Maximilian sehr hoch. In vielen
wichtigen Fragen erholte sich derselbe Rats bei Eberhard, auch ernannte
er ihn zum Feldhauptmaun des 1488 gegründeten „schwäbischen
Bundes", und endlich im Jahre 1495 erhob er ihn auf dem Reichs-
tage zu Worms zum Dank für' seine kräftige Mitwirkung bei dein
daselbst erfolgten Abschluß des ewigen Landfriedens (darnach dürfen deutsche
Fürsten einander nicht mehr bekriegen; etwaige Streitigkeiten werden durch
den Kaiser geschlichtet) zum Herzog und fein Land zum Herzogtum.
(„Der reichste Fürst". Gedicht von I. Kerner. Ev. Leseb. Ii Nr. 157 159).
"gjvüc&ßl'ick auf die Krerfenzeit.
(Ev. Leseb. It, Nr. 156.)
Von den vier Volksklassen, Geistlichkeit, Adel, Bürger und Bauern,
umfaßte die letztere die Mehrzahl der Bewohner des Landes. Doch nahm die Zahl
der Freien immer mehr ab, die der Leibeigenen zu. Der Grundbesitz kam
durch Überschuldung seiner Herren in die Hände des Adels und der Klostergeist-
lichkeit. Die Leibeigenen seufzten unter der Last der Frondieuste und der
Abgaben. Zur Zeit des Faustrechts war auch der freie Bürger rechtlos; später
aber erlangte er das Recht, die großen Hofgüter zu teilen (wodurch Anbau und
Bevölkerung des Landes befördert wurde) und an den landständischen Beratungen
teilzunehmen. Die Zahl der Kirchen und Klöster nahm immer mehr zu. Die
Geistlichkeit aber war größtenteils unwissend und in Unsittlichkeit verkommen; in
den Klöstern besonders herrschte Schlemmerei und Zuchtlosigkeit.
Die Verwaltung des Laudes Württemberg war damals sehr einfach.
Der Graf ordnete unter dem Beistand einiger Räte und Geistlichen alles selbst; der
Landrichter war der einzige höhere Beamte. Das Landgericht zu Cannstatt, welches
später nach Stuttgart verlegt wurde, war die oberste Verwaltnngs- und Gerichts-
behörde. Die Bezirks- und Gemeiudebeamten wurden ans den Bürgern und
Adeligen gewählt, erhielten aber keinen Gehalt, was viele derselben für Bestechung
zugänglich machte. Die Landeseinkünfte wurden von der „Landschreiberei" und
den ihr untergebenen „Kellern" und „Kastnern" verrechnet und eingezogen; sie be-
standen vorherrschend in Naturalabgaben, nämlich dem Zehnten von Getreide,
Wein, Honig, Käse, Gartenfrüchten, Fischen und Wolle; die Geldabgaben fielen
wenig ins Gewicht. Mit dem Ertrage des Kammerguts wurden die Kosten
des gräflichen Hanshalts sowie noch ein Teil der Landesausgaben bestritten.
Zum Kriegsdienst war jeder Waffenfähige bis zum 60. Lebensjahr verpflichtet.
Die Ausrüstung hatte jeder selbst zu beschaffen. Mit der Einführung der
Feuerwaffen verloren die Ritter an Bedentnng; leider machten viele derselben
als Raubritter die Handelsstraßen unsicher. Im geselligen Leben artete die Fröh-
lichkeit oft. in Ausgelassenheit aus. Gegen Trunk- und Spielfucht sowie
gegen die Üppigkeit iu der Kleidung mußten Gesetze erlassen werden.
Das Schulwesen lag damals noch sehr im argen. Volksschulen gab es
zurzeit uoch nicht, dieselben wurden erst durch die Reformation ins Leben gerufen.
Die erste „deutsche Schule" in Stuttgart wurde 1535 errichtet. Lateinschulen
gab es in einigen Städten. Die Wissenschaften wurden nur iu den Klöstern
gepflegt. Erst nach der Erfindung der Buchdruckerkunst (um 1449) wurde dies all-