1899 -
Leipzig
: Klinkhardt
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrichs, Börner, Richard, Weber, Hugo
- Auflagennummer (WdK): 6
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Schulformen (OPAC): Mehrklassige Schule
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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in ihrer Amtstracht. Nicht weit davon stehen die Anklagebank, auf welche
sich der Verbrecher setzen muß, die Zeugenbank und die Sitze für die
Geschworenen. Diese sind achtbare Bürger, welche der Verhandlung zu-
hören und zuletzt gefragt werden, ob der Verbrecher schuldig oder unschuldig
ist. Im Zuschauerräume sitzen audere Leute, welche der Gerichtsverhand-
lung beiwohnen wollen. Sie dürfen in den Gerichtssaal kommen, weil
das Gericht ein öffentliches Gebäude und die Gerichtsverhandlung öffentlich
ist. Jedermann soll sehen und hören können, daß im Lande die Richter-
gerecht richten.
Nun werden vom Gerichtsschreiber die Akten vorgelesen; der Ver-
brecher wird nochmals gefragt, wer er ist, woher er ist, ob er das Ver-
brechen begangen hat, und wie er es begangen hat; die Zeugeu müssen
nochmals bezeugen, daß sie die Wahrheit gesagt. Darauf verlassen die
Geschworenen den Gerichtsfaal. Sie ziehen sich zurück und beraten dar-
über, ob der Angeklagte schuldig ist oder nicht. Wird er schuldig be-
sunden, so kehren sie zurück in den Saal und lassen es durch einen aus
ihrer Mitte laut verkünden. Der Richter bestimmt darauf im Namen des
Landesherrn und des Gesetzes die Strafe. Der Angeklagte ist verurteilt.
Ist er unschuldig, so wird er freigesprochen. Der Verurteilte tritt nun
seine Strafe an. Er wird wieder in das Gefängnis geführt oder auf
das Zuchthaus (Strafanstalt) gebracht, wo er als Sträfling seine That
bereuen und sich bessern soll, wo er büßen muß, was er begangen, wo
er keine Freiheit, keinen eigenen Willen, keine Freuden hat, in graue
Leinwand gekleidet wird, aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen ist,
keine Ehre und Achtung genießt und tüchtig arbeiten muß. Möge er
durch Arbeit wieder ein braver Mensch werden!
Nb. Inwieweit dieser Stoff von dem Lehrer zu behandeln ist, hängt ganz
von dem Standpunkte der Klasse ab; einiges davon wird er auf jeden Fall mit-
teilen müssen, um den Kindern wenigstens den Zweck des Gerichtsgebäudes zu er-
läutern. Die sittliche Bedeutung verlangt übrigens eine Wiederholung in einer
Oberklasse, wozu diese Skizze benutzt werden kann; denn das Walten der Obrigkeit
muß in einem ausgeführten Lebensbilde der Jugend wiederholt vor die Seele ge-
führt werden, wenn die Achtung vor Gesetz und Recht und vor denen, die es zu
behüten haben, geweckt werden soll. Dem Takte des Lehrers überlassen wir die
Entscheidung, wie viel er von dem Stoffe durch das Lehrgespräch aus den Erfahrungen
der Kinder zu entwickeln hat. Sehr wirksam ist unter Umständen die Forin der
Erzählung, sofern der Lehrer geschickt genug ist, eine solche zu erfinden, welche die
wichtigsten Begriffe, auf die es hier ankommt, veranschaulicht.
1. Das Gefängnis. Kühn. W. Ii. 192, W. 260.
2. Die bezauberten Eier. v. Schmid. W. Ii. 193.
3. Der Haken. Stöber. W. 261.
4. Der Haushahn als Verräter, v. Schmid. W. Ii. 194.
52. Der Plan des Wohnortes.
Nb. Selbstverständlich können wir diesen Stoff nur durch allgemeine
Fragen andeuten, da er sich nach jedem Wohnorte besonders zu gestalten hat.
Es kommt darauf a», das zu einem Gesamtbilde zusammenzufassen, was bei den