1916 -
Erfurt
: Keyser
- Autor: Sander, Egmont
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Erfurt
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Erfurt noch eine Festung war, lag vor dem Stadtwall ein Wallgraben.
Er ist zum Bett des Flutgrabens ausgebaut worden. Der Flutgraben
umzieht in einem großen, nach Westen offenen Bogen die alte Stadt.
Er ist mehrmals überbrückt worden, darunter zweimal für die Eisenbahn
Der Flutgraben trennt sich von der Gera am neuen Papierwehr, einem
mächtigen Steinbau, ab Das Wehr besitzt links ein starkes Schleusen-
werk, rechts läuft das Wasser bei genügender Höhe über eine gebogene
Steinwand ab. Es sammelt sich im Flutgraben und fließt in einer
schmalen Rinne in der Mitte weiter. Dem Wehr ist eine Forellentreppe
eingebaut. Auf ihr steigen zur Laichzeit die flinken Fische in das tiefere
Waffer hinauf.
Nun gehen wir auf dem linken Ufer der Gera talab und stoßen
bald auf den zweiten Teilpunkt der Gera. Dort ragt an einer schmalen
Landzunge ein Felsblock, „die Nase" genannt, weit in den Fluß hinein.
Sie zwingt die Gera zur zweiten Teilung. Rechts fließt die Gera ab,
links der Bergstrom. Er hat den Namen erhalten, weil er dem bergigen
Ufer treu bleibt und auch im weiteren Laufe an den Petersberg und den
Domhügel sich anlehnt. Der rechte Geraarm speist unterhalb der Hohen-
zollernbrücke die Badeanstalt für Mäuner, das Espach.
Das Espach, eigentlich Espach (Espichl oder sumpstges Espen-
wäldchen), hat nach der Stadt zu eine teichartige Erweiterung erfahren.
Hier hat die gärtnerische Kunst ein Landschaftsbild geschaffen, wie es die
Natur kaum schöner bieten kann.
Bei der Kartäuser Mühle tritt die Gera in die Altstadt ein und teilt
sich hier von neuem. Die neue Geraabzweigung, die nach rechts abfließt,
ist fast ganz in Röhren gelegt. Nur kurz vor ihrem Rückfluß in den
Geralauf wird sie wieder sichtbar. Sie führt den Namen Hirschlache.
Er bedeutet wohl Kieslache, d. i. Wasser mit kiesigem Grunde. Der linke
Arm nimmt den Namen Walkstrom an, genannt nach der an ihm liegenden
Walkmühle. Sein Lauf ist ein fast nördlicher. Der Walkstrom durch-
schneidet die Luisenstraße, Bonifaciusstraße, Burgstraße und Melanchthon-
straße Unter dem Rvßwehr erreicht er den Herrmannsplatz und begleitet
nun den Fischersand rechtsseitig. Kaum hat er aber die Lange Brücke
hinter sich, so vereinigt er sich mit dem Bergstrom.
Auch er hat zunächst einen nach Norden gerichteten Lauf. Bald
aber wird er vom Petersberg und Domhügel gezwungen, nach Osten ab-
zubiegen, und da sich der Boden hier senkt, läuft das Wasser dem Walk-
ström zu. Zwischen der Langen Brücke und der Kasinobrücke sindet die
Bereinigung statt. Die Wassermenge ist dadurch bedeutend vergrößert
und fließt in einem ziemlich breiten Laufe, Breitstrom genannt, weiter.
Der flache, lockere Talboden gestattet dem Wasser eine reiche Gliederung,
und es bildet darum, z. B. zwischen der Krämerbrücke und Lehmannsbnicke
ein Netz kleinerer und größerer Arme. Sie führen keine besonderen Namen.
Unter der Lehmannsbrücke ist der Breitstrom wieder vereinigt. Kaum
hat er sie im Rücken, so beginnt die Teilung von neuem. Das Gewirr
von Wasserarmen führt den Namen „Venedig". Doch hat durch Neu-