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1916 -
Erfurt
: Keyser
- Autor: Sander, Egmont
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Erfurt
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
— 191 —
Gemahlin aber ließ er zurück. Er stellte sie unter den Schutz des Rates.
Die Truppen waren zum Abmarsch auf dem Johannesplatz aufgestellt.
Von da ging es über Büttstedt der Entscheidung bei Lützen entgegen.
Marie Eleonore verlegte ihre Wohnung nach dem Abzug ihres Gatten
nach Anger 11 (f. S. 51). Hier erhielt sie auch die Nachricht von dem
Heldentod ihres Gemahls. Sie blieb noch bis zum Dezember in Erfurt.
In der nun folgenden Zeit behielt Erfurt eine ungefähr 3000 Mann
starke schwedische Besatzung, auch wurde die Stadt nach Gustav Adolfs
Plänen zur stärksten Festung Mitteldeutschlands ausgebaut. Zu dem
Zwecke wurde auch das Dörfchen Daberstedt abgebrochen, da es dem
Walle zu nahe und auf einem höheren Bergrücken lag. Freilich brachte
die Einquartierung den Bürgern große Last. Die Soldaten hatten
zwar von ihren Quartiergebern nur Licht, Feuerung, Salz und Lagerstatt
zu fordern, aber sie spielten die Herren im Hause und schmausten und
tranken nach Herzenslust. Die Stadt mußte monatlich 14000 Taler an
Sold bezahlen; doch wurde die Summe bald auf 6000 Taler herab-
gesetzt. Am schwersten belastete der schwedische Statthalter und General-
lentnant des Königs, Prinz Wilhelm von Weimar, den Stadtsäckel. Er
regierte wie ein großer Fürst. Um die Weihnachtszeit wurden in seiner
Hofküche innerhalb von 14 Tagen 1195 Pfund Rindfleisch, das Pfund
zu 15 Pfennige, und 3919 Pfund Schöpsenfleisch, das Pfund zu 13
Pfennige, verbraucht. Freilich bekamen die Erfurter auch manches schöne
militärische Schauspiel zu sehen. Täglich schlugen die Trommler vor dem
Schlosse (Anger 10) „auf die Wache". Der Herzog nahm hierauf die
Parade über die 50 Mann starke Hauptwache ab und ließ um 4 Uhr
40 Reiter seiner Leibkompanie auf Nachtwache ziehen.
Der Prager Friede von 1635 brachte eine Änderung in den Ver-
hültnissen Erfurts zu Mainz. Der Erzbischof trat wieder seinen alten
Besitzstand an. Auch die beiden Stiftskirchen mußten von den Evangelischen
geräumt werden. Die Universität verlor ihre Einkünfte aus den Kloster-
gütern, und der Rat war nicht imstande, ihr den Verlust aus Stadtmitteln
zu decken. Sie sank darum in den alten, traurigen Zustand zurück.
1636 kehrten die Schweden unter Banner in die Stadt zurück,
nachdem sie dieselbe heftig beschossen hatten. Sie kümmerten sich aber
nicht um ihre Verwaltung. Der Rat konnte nach seinem Ermessen schalten
und walten. Auch der Kurfürst von Mainz erhielt seine alten Rechte
und seinen Besitz von den Schweden bestätigt. Nur die Eyriaksburg blieb
ihnen gänzlich überlassen. Sie wurde zugleich mit der Stadt aufs neue
befestigt. Der hohe und starke Schutzturm am Brühlertor wurde ab-
gerissen und der Stadtwall dort weiter zurückgelegt. Die Eyriaksburg
sollte die ganze Stadt beherrschen. Während der übrigen Kriegszeit blieb
die schwedische Besatzung in der Stadt. Der letzte Teil ist sogar erst
zwei Jahre nach dem Friedensschluß abgezogen.
1650 ordnete der Rat eine große Friedensfeier an. Das große
Friedens-, Freuden- und Dankfest wurde eine ganze Woche gefeiert.
In den Kirchen war jeden Vormittag und Nachmittag Gottesdienst.