1916 -
Erfurt
: Keyser
- Autor: Sander, Egmont
- Auflagennummer (WdK): 9
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Erfurt
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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licher Baumbestand abgeholzt. Die Stadtgräben wurden vertieft und mit
Wasser gefüllt. Die um die Stadt gelegenett Gärten und Weinberge
wurden verwüstet. Anfang Oktober mußten sich die Bürger auf vier
Monate mit Lebensmitteln versehen. Hatten sie aber das Notwendige
eingekauft, so kamen die Franzosen und nahmen es fort. Auch bares Geld
wurde immer verlangt. Zahlte man nicht sofort, so wurden einige Geiseln
auf den Petersberg gebracht. — Am schlimmsten wurde es in der Stadt
nach der Schlacht bei Leipzig, denn sie wurde damals von der in
wilder Eile fliehenden Armee Napoleons berührt. Auf den Straßen
herrschte ein geradezu entsetzliches Durcheinander. Der Garten vor dem
Gonvernement, der Platz „Vor den Graden", der Anger und andere
breite Straßen und Plätze waren in Feldlager verwandelt worden.
Zahllose Wachtfeuer lohten am Abend mit qualmender Flamme zum
wetterschwarzen Nachthimmel empor. Die Bürger fürchteten eine allgemeine
Plünderung, denn es war bekannt geworden, daß die Franzosen die Dörfer
ausgeraubt hatten. Es war darum ein Glück, daß Napoleon mit seinem
Gefolge in Erfurt Aufenthalt nahm. Auf seinen Befehl -durchstreiften
zahlreiche Wachen nach allen Richtungen die Stadt und sorgteu für Ruhe
und Sicherheit. Indessen dauerte der Durchzug der geschlagenen Armee
immer weiter fort. In der Nacht mußten die fliehenden Soldaten anßer-
halb der Stadt vorüberziehen. Napoleon weilte am 23. und 24. Oktober
im Gouvernement, doch schon in der Nacht zum 25. verließ er die Stadt
wieder. —
Tags darauf, am 26. Oktober 1813, nahm die Belagerung der
Stadt durch die Verbündeten ihren Anfang. Bald stiegen die Preise der
Lebensmittel ins nngemessene. Ein Nößel Milch kostete 2 Groschen, das
Schock Eier 3 bis 4 Reichstaler, ein Pfund Speck 10 bis 12 Groschen
und ein Pfuud Kaffee 2 Reichstaler 16 Groschen. Manche Lebensmittel,
z. B. Butter, Eier und Käse waren kaum noch zu bekommen. Noch
schlimmer wurde die Lage der Bürger durch die fortgesetzten Beitreibungen
der Franzosen. Fast täglich wurden Getreide, Schlachtvieh, Heu und
Stroh, Betten, Tischzeug, Wundleinwand, neue Leinwand, Kaffee, Zucker,
Zitronen gefordert und alles gleich zu mehreren 1000 Pfund oder
Stück. Auch fingen sofort die andern Schrecken einer Belagerung an.
Am 29. Oktober ging das Dörfchen Daberstedt in Flammen ans. Es
war nach dem 30 jährigen Kriege (f. S. 122) wieder neu erstanden. Am
5. November ereilte Ilversgehofen fast ein gleiches Schicksal. Mit ver-
deckten Laternen waren die Franzosen zum Johannes- und Krämpfer-
tor hinausgezogen, hatten die Vorposten und dann die Besatzung des
Ortes überlistet. Sie waren schon im Dorfe, als der größte Teil der
Preußen noch schlief. So wurde es ihnen möglich, die Häuser zu plündern
und anzuzünden. Doch schon am folgenden Tage erhielten sie die Ant-
wort auf ihr Tun. Die Verbündeten beschossen am 6. November die
Stadt (j. S. 66). Über 120 Gebäude, darunter auch das prächtige Peters-
kloster, wurden ein Ranb der Flammen. Bald darauf, am 6. Januar 1814,
wurde die Stadt von den Franzosen übergeben. Der französische Statt-