1902 -
Magdeburg
: Creutz
- Autor: Henze, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Sachsen (Provinz), Anhalt
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Moltkeschacht und Saline in Schönebeck a. E. 41
a) Besichtigung des Moltkeschachtes und der Saline in
Schönebeck a. E.
An einem schönen Herbsttage schritt ich dem Moltkeschachte in Schönebeck a. E.
zu. Schon von ferne sah ich den großen Fabrikschornstein und schnppen- und türm-
artige Gebäude. Bei ineiner Ankunft wandte ich mich sogleich an den Oberbeamten,
den Steiger. Er bewillkommnete mich, sah den Erlaubnisschein des Kgl. Salz-
amtes an und hieß mich Bergmannskleidnng (Kittel und dicke Filzmütze) anlegen.
Dann führte er mich in das turmartige Gebäude, deu Förderturm. Hier sah ich
die gewaltigen Arschinen, Pnmpen und Schwungräder, die deu ganzen Betrieb
regeln. Überall grüßten uns die Berglente mit „Glück auf!" Im Obergeschoß
des Fördertnrms angekommen, stiegen wir in den Fahrstuhl. Das ist ein großer
eiserner Kasten, in dem 4 Personen stehen können. „Der Fahrstuhl", sagte der
Steiger, „hängt an einem starken Drahtseile und gleitet in der einen Hälfte des
Schachtes zwischen vier Eisensänlen hinab. Nebenan, in der andern Hälfte des
Schachtes, bewegen sich die Pumpwerke, die„das Grubenwasser und die feole fort-
leiten." Die Förderleute gaben uns zwei Öllampen. „Glück anf! — Glück auf!"
schallte es von beiden Seiten, dann bewegte sich der Fahrstuhl in die Tiefe. An
den Schachtwänden ranschte das Wasser hinab. Nebenan arbeitete das Pumpwerk.
Das Gehör schien mir zu schwmden Es mochten aber kaum zwei Minnten ver-
gangen sein, da waren wir unten im Bergwerke, 415 m tief unter der Erde. Hier
war es stockfinster, nur unsere Grubenlampen leuchteten spärlich. Es war hier auf-
fallend warm. „Dieser senkrechte Schacht," erzählte mein Führer, „war der Anfang
des Bergwerks. Durch Sprengnngen haben ihn die Bergleute hergestellt. Er bat
viele Mühe vernrsacht. Weil das Wasser von allen Seiten eindrang, mußte er
teils mit Eisenplatten ausgesetzt, teils ausgemauert werden. Als man endlich unten
auf dem Grnnde, „der Sohle", angekommen war, begann man wagrechte Gänge,
„die Strecken", zu sprengen, durch die wir jetzt geheu. Sie sühreu nur durch
Steinsalz, das hier eiue L5 m hohe Schicht bildet. Jede Strecke ist 2,50 m hoch,
5 m breit und mehrere km lang. Alle Strecken sind nach einem sorgfältigen Plane
angelegt, damit kein Zusammensturz ersolgen kann. Das Bergwerk hat mehrere
Geschosse, die dnrch 7 m starke Decken von einander getrennt sind. Jede Strecke
führt zu einem großen, kuppelförmigen Ranme, einer „Glocke". Die Strecken und
Glocken liegen genau übereinander". ...... Als ich mich wunderte, daß keine Berg-
leute zu fehen feien, erwiderte der freundliche Steiger: „Während früher hier nnten
mehrere hundert Bergleute arbeiteten, sprengten, hackten und das ^?alz fortfuhren,
sind jetzt kaum 50 beschäftigt; denn die meiste Arbeit muß das Wasser tun. Sehen
Sie, hier führt ein Schlauch dem Spritzrohre Wasser zu. Dieses wird mit großer
Kraft gegen das Salz gespritzt und löst es auf, so entstehen die Strecken und die
Glocken. Die Arbeiter haben nur aufzupassen, daß das Wasser ordentlich läuft und
daß das Rohr verlängert oder verkürzt wird. Soll eine Glocke entstehen, so spritzt
man zuerst 9 m hoch ein Loch in die Salzdecke, dann beginnt man, das Loch zu
erweitern, indem man selbsttätig drehbare Röhrenarme an das senkrechte Rohr
anschraubt. Die ganze Vorrichtung ähnelt einem Rasensprenger. Eine Glocke ist
9^ m hoch und 23 m breit. Vier Glocken stoßen gewöhnlich aneinander." Das
Salzwasser, „die Sole", floß wie Regen an den spiegelglatten Salzwänden her-
weder und sammelte sich am Boden zu kleinen Bächen, die alle zu einem großen
^ammelraume geleitet werden. Alls dem Wege dahin verliert die Sole viele
^-chmutzteile, besonders Gips. (Wunderschön sieht eine halbfertige Glocke bei benga-
lifcher Beleuchtung aus! Man glaubt in einer Tropfsteinhöhle zu fein. Hier sind
durch die Auslangung Nischen entstanden, dort ragen Stangen und Zacken empor,
und an den Wänden hängen breite Streifen gleich ausgespannten Häuten.) Plötzlich
blieb der Steiger stehen und sagte: „In den Boden dieser strecke hat man hier
einen 2 m tiefen und L m langen Holzkasten eingesetzt. Er wird stets mit Salz-
stücken gefüllt, durch die die ^>ole hindurchsickern muß. Dabei werden die Stücke
ausgelöst, und die Sole wird dick oder „gesättigt". Aus dem großen Sammel-