1902 -
Magdeburg
: Creutz
- Autor: Henze, Theodor
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Sachsen (Provinz), Anhalt
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte, Sachsen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Flüsse des Unterharzes. 53
befinden sich die drei berühmten Tropfsteinhohlen, die Baumanns-, die
Biels- und die Hermannshöhle.
Die Höhlen hat zum größten Teile das Wasser gebildet, indem es den
Kalkstein auflöste. Die Höhlen sind sehr groß und bestehen aus mehreren Abteilungen.
In allen erblickt man tiefe Abgründe und wild übereinander gestürzte Felsen, die
hier und da Grotten bilden. Von der Decke tröpfelt unaufhörlich Wafser und setzt
feste Stoffe (Tropfstein) ab. Dadurch sind an der Decke und am Boden wunderbare
Bildungen entstanden: Säulen, Zacken, Türmchen, Halbkugeln, menschenähnliche
Figuren. Alle drei Höhlen kann man besichtigen. Die Hermannshöhle ist elektrisch
erleuchtet. Das Hauptgestein der Höhlen ist weißgrauer Marmor. Ju deu Höhlen
werden große Knochen von vorweltlichen Tieren gefunden.
Von nun an beginnt die Bode ihren windungsreichen Lauf. Ost
scheint sie im Kreise herum zu fließen. Zhr Tal wird immer tiefer und
die Felsblöcke, über die das Wasser rauschend schäumt, werden immer
mächtiger. Die steilen Uferwände sind durch Verwitterung zu seltsamen
Felszacken zerklüftet und hie und da zu Gebilden gestaltet, die ihre Namen
„Mönch, Tor, Kanzel, Burgruine" nicht mit Unrecht führen. Plötzlich
stürzt sich die Bode in einen Abgrund, den Bodekessel, und scheint ganz
zu verschwinden. Endlich ist sie an den gewaltigen Torpfeilern, dem Heren-
tnnzplatz und dem Roßtrappefelsen, angelangt. Überwältigend ist der
Blick vom Hexentanzplatz. Unter sich sieht man die schwindelnde Tiefe und
hört das Tosen und Rauschen der Bode, vor sich den himmelhohen Brocken,
der auf die gegenüberliegenden steilen und kahlen Felswände der Roßtrappe
aufgesetzt erscheint, links neben sich die endlosen bewaldeten Höhen und
rechts, tief unten, die lachenden Felder in der Ebene. Wenige km weiter
tritt die Bode bei dem großen Dorfe Thale in die Ebene. (Die Bode in
der Ebene f. S. 52.)
Sage von der Rohtrappe.
In alten Zeiten, als der Harz noch von Riesen und Zwergen bewohnt war,
besaß ein König der Riesen eine schöne Tochter, Namens Emma. In diese hatte
sich Bodo, der Böhmenkönig, verliebt. Aber Emma wollte von ihn: nichts wissen
und entfloh auf ihrem Rosse vor ihm über Höhen und durch Wälder. Plötzlich
stand ihr Roß vor einen: jähen Abgrunde. — Schon hörte sie hinter sich das
Hohugclächter Bodos. Da gab sie ihrem Rosse die Sporen und wagte den Sprung
über den gräßlichen Abgrund. Zwar entfiel ibr die goldene Krone und sank in
das rauscheude Wasser, sie aber kam glücklich hinüber. Der Aufschlag des Riesen?
pferdes war so gewaltig, daß von einem Hufe eine tiefe Spur im Felsen zurückblieb.
Nach dieser Fußspur erhielt der Felsen später den Namen Roßtrappe. Auch Bodo
setzte zu gleichem Sprunge an, aber sein Roß sprang zu kurz. Er stürzte hiuab in
das Wasser, wo er in einen schwarzen Hund mit wagenradgroßen Augen verwandelt
ist und die Krone der Königstochter bewahren soll. Von ihm erhielt das rauschende
Flüßchen den Namen Bode.
2. Die Seite.
Die Selke ist ein Nebenfluß der Bode und hat mit ihr die Richtung
des Laufes gemein. Ihr Tal wird von Alexisbad an recht lieblich.
Aus dem herrlichen Buchenwalde, der ihre Ufer schmückt, treten oft merk-
würdig gestaltete Klippen hervor. Die bedeutendste ist die sagenhafte