1899 -
Leipzig
: Dürr
- Autor: ,
- Hrsg.: ,
- Auflagennummer (WdK): 3
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 1 – Primarstufe, Klassen 1 – 4/6
- Regionen (OPAC): Vogtland
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Gottes Willen, er möge schnell drei Kreuze in die Fichte schneiden; denn
der wilde Jager sei ihr hart auf den Fersen. Der Bursche that so schnell
als möglich, was sie verlangte, und verkroch sich dann mit deni fremden
Weibchen unter dem Baumstamme. In demselben Augenblicke sanfte aber
auch schon das „wütende Heer", nämlich der wilde Jäger mit seinen bösen
Geistern, heran. Weil aber in den Baumstamm drei Kreuze geschnitten
waren, so hatte der Feind keine Macht über das Holzweibchen. Fluchend
und wetternd zog er ab, und das Weibchen war gerettet. Es gab seinem
Retter einen grünen Zweig aus seinem Körbchen, bedankte sich herzlich und
— war verschwunden. Der gute Bursche hatte zwar auf keinen Dank ge-
rechnet, sagte aber doch für sich: „Nun, wenn mir das graue Mütterchen
einmal etwas schenken wollte, so hätte es sich am Ende doch ein wenig mehr
angreifen können! Was soll mir denn dieser Zweig nützen?" Mißmutig
wollte er ihn wegwerfen, besann sich aber noch zu rechter Zeit und steckte
ihn zum Andenken an die wunderbare Begebenheit an seine Mütze. Ver-
drossen ging er nun seines Weges weiter. Da wurde ihm sein Mützlein
immer schwerer und schwerer, und als er es endlich abnahm, da war der
Zweig gewachsen. Und siehe! Goldblätter glitzerten ihm von demselben ent-
gegen ; ja, es wuchsen deren immer mehr und mehr daran. Mit dem
Wandern war es nun aus, und fröhlich kehrte er zu den Seinen zurück.
Wie jauchzten und jubelten diese, als er am Abende gesund und munter mit
seinem wunderbaren Schatze wieder bei ihnen ankam! Aus dem Zweige
wurde nach und nach ein Bäumchen, das immer neue Goldblätter trieb. Der
Holzhauer verkaufte diese für schweres Geld in der Stadt, wo sie von den
schönen Damen als Schmuck getragen wurden. Nun baute er sich von dem
Gelde ein gar schönes Häuslein. Bald hielt er Hochzeit und zog mit den
Seinen in das neue Heim. Da ihm uun geholfen war und er also das
Bäumchen nicht mehr brauchte, war es eines Tages verschwunden.
6. Manches von euch spricht vielleicht: „Warum lassen sich denn die
Waldlentchen heute nicht mehr sehen? Vielleicht könnte auch ich durch sie
mein Glück machen!" Nun, ein Holzweibchen soll einmal geklagt haben,
es sei uicht mehr schön auf der Erde, weil die Leute die Brote in den
Ofen und die Klöße in den Topf zählten und die Holzhauer nicht mehr
auf den Stock eines jeden gefällten Baumes drei Kreuze machten. Ihr
müßt nämlich wissen, daß diese Holzzwerge nur von ungezählten Brote»
und Klößen essen durften und nur in solchen Baumstöcken wohnen konnten,
welche mit drei Kreuzen versehen waren. Vielleicht finden wir in diesen
Klagen den Grund, weshalb nns die Holzmännchen und Holzweibchen nicht
mehr besuchen. Laß dir's aber nicht zu sehr zu Herzen gehen; das wahre
Glück liegt uicht im Golde! Sei nur immer brav und fleißig, fo wirst
du auch ohne die Holzleutchen genug haben.
,,-Bet' und arbeit', so hilft Gott allezeit!"
22. Zwei Sagen vom Stehenbaume.
I.
Eiust zogen die Hussiten raubend, sengend und mordend durch Sachsen.
So kamen sie auch in das Vogtland. Vor ihnen her flog die Kunde von