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1. Unser Vogtland - S. 97

1899 - Leipzig : Dürr
— 97 — von seiner Höhe herabgrüßen. In wenigen Minuten ist er erreicht. Der gefesselte Verbrecher steigt vom Wagen; die Gerichtspersonen bilden einen Kreis um ihn, verkünden dem Volke das Todesurteil und übergeben ihn dem Henker, daß dieser seines Amtes warte. Von dem Geistlichen geleitet, wankt „der arme Sünder" dem Galgen zu. Noch einmal kniet er nieder und betet. Dann ergreifen ihn die Henkersknechte; nach wenigen Minuten ist das Todesurteil vollzogen, und der Leichnam des Hingerichteten hängt, ein Spiel der Winde, an dem dreisäuligen Gerüste. Die Gerichtspersonen, der Geistliche, das Volk, zuletzt der Henker mit seinen Knechten verlassen ernst die Hinrichtungsstätte. Bald ist der ganze Platz leer. Mit Grauen wendet der eine oder der andere noch einmal den Blick rückwärts; dann eilen alle ihrer Wohnung zu und erzählen den Daheimgebliebenen von dem schauerlichen Erlebuisse. Wochenlang ließ man oft die Erhenkten zum warnenden Beispiel für alle Übelthäter am Galgen hängen. Ein christliches Begräbnis auf dem geweihten Gottesacker ward ihnen aber auch dann nicht gewährt. Wenn der verwesende und von Krähen und anderen Aasvögeln zerhackte Leichnam in Stücken abzufallen begann, fo wurde er einfach neben dem Galgen ein- gescharrt. Noch im Jahre 1779 wurde bei der Enthauptung eines preußischen Greuadiers der Kopf desselben auf das Rad bei dem Plauenschen Galgen genagelt. Erst im Jahre 1833 wurden Galgen und Rad in Plauen für immer beseitigt. 17. Z)er schwarze Tod im Wogttande. Au einem Septemberabende des Jahres 1600 stand der Gastwirt Nikol von Triebet am Fenster und starrte hinaus ins Abendrot. Eine unerklärliche Angst hatte ihn ans Fenster getrieben, und als er nun den blutigroteu Himmel erblickte, mußte er wieder an den schlimmen Traum der vergangenen Nacht denken. So rot sah er auch im Traume den Himmel leuchten, als auf einmal große, schwarze Vögel kamen, die sein Haus umkreisten. Und über ein kleines, da hatten sich auch seine drei lieblichen Töchter in solche schwarze Vögel verwandelt und flogen von ihm fort hinein in das feurige Rot. — Schon den ganzen Tag über hatte ihn dieser Traum beunruhigt, und der Gedanke, es möchte über sein Haus ein Unglück kommen, schnürte ihn: die Brust zu. Oder sollte vielleicht seinem Bruder, der oben auf dem Haselrain wohnte, etwas Schlimmes auf der Wolfsjagd wider- fahren fein, zu derer sich vorgestern aufgemacht hatte? Unwillkürlich mußte der Wirt daran denkcu, wie voriges Jahr 14 Tage vor Weihnachten Peter Schneider aus Schwand auf der Wolfsjagd jämmerlich ums Leben ge- kommen war. Schneider hatte sich im Schönecker Walde verirrt, war im Schnee stecken geblieben und erfroren; erst im letzten Mai war seine Leiche von Kuhhirten gefunden worden. Ans seinen trüben Gedanken wurde Nikol durch einen Peitschenknall emporgeschreckt; er blickte auf und fah vou der hohen Landstraße herab einen Fuhrmann kommen. Bald darauf öffnete sich die Thür, und herein wankte der Fuhrmann, der sich kaum mehr auf den Beinen erhalten konnte. Mit schwacher Stimme erzählte dieser dem Wirte, daß er Abraham Jpphos heiße, Unser Vogtland. 3. Neudruck. 7
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