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1. Unser Vogtland - S. 125

1899 - Leipzig : Dürr
r — 125 — worden sein. Der Vogtländer ist mißtrauisch gegen Leute, die er nicht kennt, ebenso gegen neue Einrichtungen. In der Volks- und Viehzählung, in sonstigen statistischen Erhebungen, im Besuche eines Beamten, in einer leicht hingeworfenen Bemerkung eines solchen und dergl. wittert er Verrat und ist vorsichtig und zurückhaltend. „Jech sog net e su, und iech sog net e su, aß's net hintennooch haaßt, iech Hütt' e su oder e su gesogt", ist eine seiner Redensarten. Mit dem Mißtrauen aufs engste verbunden ist die Wortkargheit des Vogtländers. Niemand spricht den Fremden an, der im Wirtshause Einkehr hält; mißtrauisch wird er und sein Thun betrachtet: „M'r waß derweeng net, was su a Kerl is und wos er will. Wenn er nix wött, kam er net z'uus", so heißt es. Freilich ist er dann auch um so mitteilsamer, wenn sein Mißtrauen sich als unberechtigt erwiesen hat. 6. Das Vogtland war früher als ein ziemlich rauhes, unfruchtbares und armes Land verschrieen, und, was besonders das letztere betrifft, jeden- falls nicht ganz mit Unrecht. Aber sein Rnf hat sich gebessert. In den letzten Jahrzehnten hat es sich außerordentlich entwickelt. Eine ausgedehnte Industrie und ein lebhafter Handel sind entstanden. Mit den Reichtümern, welche dadurch in die Städte flössen, hob sich auch die Landwirtschaft und damit die Wohlhabenheit auf den Dörfern. Doch seine Genügsamkeit und Einfachheit hat sich der Vogtländer bewahrt. Dies zeigt sich besonders au der ausgiebigen Verwendung eiuer Kulturpflanze, die früher das Haupt- Nahrungsmittel war und jetzt noch eine große Rolle im Haushalte des Vogtländers spielt, der Kartoffel. In ihrem Anbau ist das Vogtlaud allen übrigen Gegenden Sachsens vorangegangen. Ein Zimmergeselle aus Unter- Würschnitz — mau zeigt dort sein Haus heute uoch — mit Namen Hans Wolf Löwe, genannt Kummer oder Kummerlöw, der in London ge- arbeitet hatte, brachte diese Feldfrucht zu Eude des 17. Jahrhunderts von dort mit nach Hause und pflanzte sie zuerst in seines Vaters Garten an. Der Versuch gelaug und weckte bald viele Nachahmer. Im Meißnischen aber lachten die Bauern über die vogtläudischeu Knollen, wie sie die neue Frucht verächtlich nannten, verspotteten die Prediger, welche zum Anbau derselben ermahnten, und schalten ihre wohlgemeinten Ermahnungen sogar Knollenpredigten, führten aber doch am Ende die Frucht ein und dankten Gott und ihrem Pfarrer dafür. Im Vogtlande und Erzgebirge genoß man anfangs die Kartoffeln wie Butter zum Brote; aber bald wurden sie für die Bewohner das wichtigste Nahrungsmittel und haben ihnen manche durch Mißraten des Getreides entstandene Teuerung überstehen helfen. Die Vogt- länderin weiß aber auch schier zahllose Kartoffelgerichte herzustellen. Ein vogtländisches Städtchen bewirtete einen sächsischen Prinzen einmal mit einem Mittagessen von vielen Gängen, deren jeder die Kartoffel in anderer Gestalt als Hauptbestandteil enthielt, und die Gerichte sollen dem durch den Hofkoch verwöhnten Gaumen des hohen Herrn ganz prächtig gemundet haben. Außer den gewöhnlichen Kartoffeln in der Schale und den geschmorten kennt das Vogtland gebratene, gebackene, eingeschnittene Erdäpfel, Erdäpfel- suppen verschiedener Art, Erdäpselbrei, Erdäpfelknchen, Erdäpfeltorte und vor allem „Bambus" und Klöße. Letztere, welche in zwei Sorten, als gewöhnliche und als „grüne" oder „grüngeniffte" auftreten, fehlen in Stadt und Land fast bei keinem Sonntagsbraten. fci
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