1897 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Bergzüge, so werden die umschlossenen Gebiete viel schroffer voneinander abgegrenzt. Da-
durch ist wieder mit bedingt, daß die Balkan-Halbinsel eine Bevölkerung beherbergt, die
den verschiedensten Stämmen, ja sogar verschiedenen Rassen angehört. Wir
finden hier (siehe Karte Anhg. S. 1) Türken (Mongolen), Griechen, Slaven und
Albanesen und zählen (Eckkarte S. 15) 5 bezw. 6 Staaten, die alle mehr oder weniger
selbständig sind. — 8. Italiens Oberfläche ist charakterisiert durch eineu langen Gebirgs-
zug, — Apenninen, — der die Halbinsel von Norden nach Süden durchzieht. —
Fassen wir zusammen, so ergiebt sich folgendes: Deutschland unterscheidet
sich in seiner Bodenfläche von den übrigen europaischen Ländern a) durch seine
Mannigfaltigkeit, b) durch die geringe Höhe der gliedernden Ge-
birge, oder, anders gesagt, durch das Fehlen schroffer Übergänge. Durch ersteres
ist eiue wechselvolle landschaftliche Schönheit und ein Wetteifer in
getrennten Räumen bedingt, durch letzteres dabei die Möglichkeit politischer
Einheit gewahrt.
6. Die Entstehung der Erdoberfläche im allgemeinen.
Wie kommt es, daß die Erdoberfläche so uneben ist? — Wir nehmen einen Brat-
apsel aus der Ofenröhre. Er ist rund und glatt. Lassen wir ihn abkühlen, so wird er
faltig. Die Kälte zieht bekanntlich die Körper zusammen. Indem der Apfel abkühlt, ver-
ringert sich sein Umfang. Für den znsamniengeschrnmpsten Apfel ist die Schale zu groß.
Indem sie der sich zurückziehenden Fruchtmasse folgt, wirft sie Falten und Rnnzeln. Genau
so ist es mit der Erdkugel ergangen. Auch sie war einst ein heißer, und zwar ein feurig-
flüssiger Körper (Kant-Laplacesche Hypothese). Als sie abkühlte, bildete sich eine harte
Kruste, die wir der Schale des Apfels vergleichen können. Bei fortschreitender Abkühlung
mußte sich die Kruste gleich der Apselschale faltig um den inneren Kern legen. Das ging
freilich nicht fo still und ruhig wie bei unserem Bratapfel. Die harte Kruste war nicht
so schmiegsam wie die Apfelschale und das Innere nicht so friedlich wie der Apfelbrei.
Die Kruste zerbarst tausendfach, und durch die Riffe drangen die feurigen Massen und
überlagerten vielfach die Rinde, ähnlich wie das heute noch bei den feuerspeienden Bergen
geschieht. (Auswurf-^Ausbruch-Mesteine oder Eruptiv-Gesteine.) Unsere Mutter Erde
durchlebte ihre „Sturm- und Drangperiode". Die entstehende erste Erstarrungsrinde
nennen wir das Urgebirge.x) Später ist dasselbe von neuen Erdmassen überdeckt
worden. (Siehe unten.) Doch giebt es auch in Deutschland Stellen, an denen es heraus-
schaut, etwa wie bei einem Beinbruch die Knochen ans dem Fleisch. Das ist z. B. der
^all beim Schwarzwald, Wasgenwald n. s. w. Die im Urgebirge zu Tage tretenden Gesteine
sind in der Hauptsache Granite, Gneise^) und ganz bestimmte Arten Schiefer, die man
kurzweg wohl Urschiefer nennt.3)
Das Urgebirge wurde im Laufe der Jahrtausende mit neuen Erdmassen bedeckt.
Sehen wir zu, woher diese kamen! — Als die Erde immer mehr abkühlte, verdichtete sich
die ungeheure Wasserdunstmasse, die bisher den Erdball wie eine dichte Hülle umlagerte,
zu Wasser. Als Regeu rauschte dieses uuaufhörlich hinab und bildete schließlich ein nn-
geheures Urmeer, das sich iu Oceanen sammelte. Damit war ein neuer Mitarbeiter an
*) Genauer müssen wir zum Urgebirge zählen a) die erste Erstarrungsrinde, die
vielleicht nirgends zu Tage tritt, d) diejenigen Granitmassen, die als älteste Eruptionen
aufzufaffeu sind, c) den größten Teil der Gneise und Urthonschieser, die man als die
,,umgewandelten" ältesten Wasserablagerungen ansieht. (Diese Umwandlung soll geschehen
sein infolge des gewaltigen Druckes und der gleichzeitig sich geltend machenden hohen
Temperatur und wird bezeichnet als Megioual-Metamorphose.)
2) Gneise und Granite bestehen aus denselben Gesteinen: Feldspat, Quarz und
Glimmer. Sie unterscheiden sich dadurch, daß diese Bestandteile beim Gneis schichtweise
angeordnet sind.
3) Doch darf man gerade diese nicht als „erste Erstarrungsrinde" bezeichnen. (Siehe
Fußnote 1.)