1897 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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dem Bauwerk der Erdoberfläche in die Erscheinung getreten, denn gerade das Wasser ist
es, das an der Gestaltung der Erdoberfläche eine Riesenarbeit geleistet hat und noch leistet,
und zwar das Wasser iu allen seinen Erscheinungsformen, als Meer, See, Fluß, Regeu,
Tau, Reif :c. — Die erdaufbauende Thätigkeit des Wassers wollen wir uns an einem
Beispiel auf engbegrenztem Raum veranschaulichen.
Wir stehen auf einem großen gepflasterten Hofplatz, an den eine geneigte Acker-
fläche grenzt. Die Steinpflasterung möge für uns ein Stück Urgebirge bedeuten. Es
regnet, und das von dem Acker herabkommende schmutzige Wasser läuft auf den Hofplatz.
Hier, wo es auf wagerechter Fläche allmählich vom Fließen aufhört, sinkt der Schmutz
nieder und bildet Sand- und Schlammablagerungen. Werden diese nie entfernt, so lvird
der Hofplatz nach und nach von einer Schlammschicht vollständig bedeckt werden, — das
Urgebirge ist von neuen Erdmassen überdeckt. In der allerersten Zeit der Urperiode
konnte das natürlich noch nicht geschehen, da die höher gelegenen Gebiete, von denen herab
Schlamm und Sand hätten heruntergespült werden sollen, selber noch felsenhart waren.
Aber im Laufe der Zeit zermürbten die Einflüsse der Atmosphäre — (besonders geschieht
das durch Frost und Hitze) — die Gebirge, die der Regen dann immer wieder rein wusch.
Das Abgetragene wurde in die Ebenen und Niederungen oder auch iu die Oceane ge-
schwemmt, wo im Laufe der Jahrtausende über dem Urgebirge Erdschichten von ungeheurer
Mächtigkeit eutstanden. Unser Regenwasser konnte nur das niederschlagen, was es unter-
wegs mit sich fortgerissen hatte, die Flüsse und Oceane führen aber auch Eigenprodukte
mit sich, die sie ablagern können. Es sind das vor allem die Kalk- und Salz bestand-
teile des Wassers, wozu noch die kalkigen Schalen gewisser Tiere kommen. Durch Ab-
setzung derartiger Stoffe sind die Kalk-, Kreide- und Salzschichtungen und -gebirge
entstanden. — Wir müssen also bei der heutigen Erdkruste unterscheiden
a) das Urgebirge, b) die durch das Wasser besorgten Schichtungen, und zwar
1. sandige und thonige, 2. kalkige, 3. salzige Schichtungen.
Nach drei Jahren kehren wir von einem Aufenthalt in der Fremde in die Heimat
zurück und fucheu unseren Hofplatz auf. Wir hatten gebeten, ihn nicht zu benutzen, auch
den auftreibenden Schmutz nicht zu entfernen. Es hat sich denn auch eine stattliche Schicht
gebildet. Mit einem kleinen Löffel graben wir in dieselbe hinein. In der oberen Schicht
finden wir ab und zu ein Haferkorn und Haferspreu: Das Feld muß im letzten Sommer,
sagen wir 1894, mit Hafer bestellt gewesen sein. Etwas tiefer suchen wir vergeblich nach
irgend welchen Ernteresten. Die Schicht wird im Winter, als der Acker gepflügt war,
abgesetzt sein. Wieder ein wenig tiefer finden wir hin und wieder Weizenkörner, sogar
eine ganze Weizenähre entdecken wir; wir sind in der Frühjahrsschicht des Jahres 1893
angekommen. Dann fehlen wieder Körner und Spreu, wir sind wieder in einer Winter-
schicht, Sie hat aber gegen die frühere eine auffällig hellgraue Farbe. Wir untersuchen
sie und finden, daß sie stark mit Mergel durchsetzt ist. Über die Ursache fiud wir nicht
lange im unklaren: Der Acker muß im Winter 1892 bemergelt worden sein, wobei der
Mergel längere Zeit frei liegen blieb. Noch tiefer bringen wir Rapssaatkörner und -schoten
zu Tage, ein Beweis, daß das Feld im Sommer 1892 mit Rapssaat bebaut war. Wir
graben weiter und treffen schwärzlich gefärbte Massen. Bei näherer Untersuchung finden
wir, daß sie mit torfartigem Material durchsetzt sind. Wir schließen, daß der Acker im
Winter 1892 wohl mit Torfstreu bedüngt wurde. Die unterste Schicht hat eine lehmgelbe
Farbe. Wahrscheinlich lag der Acker im Jahre 1891 als Brache. Er war vielleicht sehr
tief gepflügt, so daß infolge der sehr dünnen Ackerkrume der gelbe Lehm vielfach zum
Vorschein kam. — Wir sind auf dem Steinpflaster angekommen. Es war eine interessante
Untersuchung. Die aufgeschwemmten Massen erzählten uns in ihrer stummen Sprache die
Geschichte des benachbarten Ackers. Wir machen noch mit einem langen Messer einen
scharfen Schnitt durch die Erdschichten. Nach Entfernung der vorderen Massen erkennen
wir an den bloßgelegten Schnittflächen deutlich die dünnen, übereinanderliegenden Schichten,
die sich meist schon durch ihre Farbe, sonst aber durch die Einschlüsse voneinander unter-
scheiden. Wir zählen von unten nach oben folgende sieben Schichten: die lehmige Schicht