Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländische Erdkunde - S. 62

1897 - Braunschweig : Wollermann
— 62 — Alpen im Laufe der Jahrtausende sich höher und höher hinaushoben, nagten an ihm schon mit Macht die zermürbenden und abtragenden Kräfte'), die unendlich langsam zwar, aber stetig an der Zerstörung der Gebirge arbeiten. Dem Böhmer- Wald fehlen deshalb mehr oder weniger die Merkmale eines jugendlichen Alters, wie sie die Alpen noch in reichster Fülle bieten: hochragende Zinnen, steilwandige Gehänge, große Höhenunterschiede zwischen Berg und Thal^), tosende Gebirgs- bäche und schäumende Wasserfälle. Wer von einem hochgelegenen Punkte das Gebirge überblickt, dem erscheint es mehr wie ein welliges, stark bewaldetes Bergland, denn als ein scharf ausgeprägtes, kraftvolles Gebirge. Zwar sind auch die Alpen bereits eine Ruine, aber hier stehen doch noch die hochragenden Mauern, während vom Böhmerwald nicht viel mehr als der Sockel übrig ist. (2. Wälder.) Je mehr die Oberfläche nivelliert wurde und je mäch- tiger überall die Verwitterungsschicht sich gestaltete, desto großartiger konnten sich ungeheure Waldungen entwickeln. Kein anderes deutsches Ge- birge verdient mehr den Namen eines Waldgebirges als der Böhmerwald. Er allein auch trägt auf seinen flachen Rücken und Plateaus uoch wirkliche Ur- wälder, Wälder, in welche die menschliche Hand, sei es zur Pflege oder zur Abholzung, noch nicht eingriff. Mitte der fünfziger Jahre berechnete man das Gesamtgebiet der Urwälder noch auf ca. 17 000 ha (Vergleich!), doch haben auch sie seitdem unter der fortschreitenden Entwaldung sehr gelitten.3) Einzigartig und überwältigend ist der Eindruck, den diese uralten Waldungen auf den Menschen machen. Gewaltige Baumriesen ragen gen Himmel, unter ihnen Weißtannen von 60 m Höhe und mit einem Durchmesser von 2 m, graubärtig behangen mit ellenlangen Flechten. Gestürzte Genossen liegen einzeln oder in Gruppen zu ihren Füßen, eben erst zusammengebrochen, oder halb vermorsch! schon und vielfach mit üppigen Moospolsterungen bedeckt. Mühsam nur über- steigt der Wanderer diese sich immer wiederholenden Hindernisse. Häufig sind aus den Riesenleibern der gestürzten Stämme junge Bäume wieder aufgeschossen, die, vom Marke der Alten genährt, sich kräftig entwickelten und die Lücken mit Erfolg wieder ausfüllten. (3, Moore.) In der geologischen und Oberflächenbeschasfenheit des Böhmerwaldes ist neben dem Waldreichtum noch eine andere Eigentümlichkeit begründet, die zahlreichen ausgedehnten Moore. Infolge der geringen Höhen- unterschiede und des plateauartigen Charakters, wie auch des undurchlässigen granitenen Untergrundes, ist der Abfluß der Gewässer weniger rasch als in anderen Gebirgen. Es kam zu ausgedehnten, flachen Wasseransammlungen, die im Laufe der Zeit versumpften und sich zu Mooren umgestalteten. Sie verstärken den unwirtlichen Charakter des Gebirges außerordentlich und er- schweren dem Wanderer mehr noch als die Urwälder das Vordringen, ja bringen mit ihrer oft trügerischen Decke wohl gar sein Leben in Gefahr. Für das Ge- birge und seine Nachbarschaft sind sie jedoch von großem Nutzen, indem sie den Wasserstand der Flüsse regulieren. Zur Zeit der Schneeschmelze und starker Niederschläge verhindern sie ein allzuschnelles, verderbliches Anschwellen *) Erosion = Auswaschung, Denudation = Abtragung. 2) Man hat berechnet, daß die relative Höhen-Differenz im Böhmerwald im Durch- schnitt 156 rn nicht übersteigt. 3) Um dem Böhmerwald auf jeden Fall ein Stück Urwald zu erhalten, befahl Fürst von Schwarzenberg, der allein 25 000 ha Forsten besitzt, seinen Forstbeamten, einen 1800 ha großen Urwald unangetastet zu lassen skntzen).
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer