1897 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
Von der Wartburg steigen wir hinab nach Eisenach 0, wo Luther von
1498—1501 die Lateinschule besuchte (Frau Cotta). Südlich von Eisenach
liegt auch das Dorf Möhra. Nordöstlich von der Stadt erstrecken sich der
große und der kleine Hörselberg, steile, nackte Muschelkalkfelfeu, au die sich
besonders viele thüringische Sagen knüpfen. (Wilde Jagd, Tannhäuser u. a.).
c) Landschaftliches.
Der Thüringer Wald ist das lieblichste Gebirge, der „Park" Deutsch-
lands. Wie so ganz anders erscheint er als sein Nachbar, das rauhe Rhön-
gebirge (S. 157). Einer ungeheuren faltenreichen Decke vergleichbar, überziehen
ihn prächtige Buchen- und Nadelwälder. Wer von einem hochgelegenen
Punkte, z. B. dem Jnselberg (s. uuteu) darüber hinwegschaut, dem erscheint das
Ganze als ein schönes grünes Wellenmeer. — Plätschernde, forellenreiche Bäche
eilen vom Rücken nach beiden Richtungen hinab, schlängeln sich durch saftige
Wiesengründe und durcheileu freundliche Dörfer. — Die reiche Waldbedeckung
mildert die Temperatur und schützt vor Winden. — Kein Gebirge auch ist
so gebahnt als der Thüringer Wald. Zahlreiche Chausseen und Wege durch-
schneiden das Gebirge, und schöne, geebnete Promenadensteige führen den Wandrer
waldeinwärts zu lohnenden Aussichten und lauschigen Plätzen (vergl. dagegen
Böhmerwald S. 63). Auch eine Eisenbahn führt über das Gebirge. Sie ver-
bindet Meiningen (O an der Werra) mit Erfurt (über Suhl) und durchbricht
den Rücken in der Gegend des Beerberges in einem längeren Tuuuel. x)
Unter den Aussichtspunkten steht der Jnselberg obenan. Obgleich
von geringerer Höhe als der Beerberg, gewährt er doch infolge seiner freieren
Lage (s. Karte) einen weit schöneren Ausblick. Ungehemmt schweift der Blick
nach alleu Richtungen; mehr als 150 Ortschaften liegen in welligem Terrain
vor dem Auge ausgebreitet, darunter bedeutende Städte wie Gotha und Erfurt.
Freundlich grüßend winkt die ehrwürdige Wartburg herüber. Im Südwesten
wird der Blick begrenzt durch die Rhön, nordwärts zeigen sich in verschwimmen-
den bläulichen Umrissen die Höhen des Harzes.
Manch freundliches Schloß wnrde von thüringischen Fürsten im Gebirge
erbaut. Gleich Edelsteinen sind sie in das schwellende Grün der Wälder ein-
gebettet. (Wenn ein Bild dovon gezeigt und danach abgelesen werden kann):
Das lieblichste uuter ihuen ist Schloß Schwarzen bürg, das Stammschloß
der Schwarzbnrger Grasen. Unterhalb Rudolstadt mündet in das Saalknie
(s. Karte) ein kleines Flüßchen, die Schwarza. An ihr liegt ans schmaler, steiler
Felszuuge der schmucke Fürstensitz. Die Schwarza schlängelt sich wie ein Silber-
band um ihn herum, und die waldbestandenen Höhen umziehen ihn wie
schützende Wälle. /
Kein Wnnder, daß dem Thüringer Wald alljährlich große Scharen von
Touristeu und Sommerfrischlern zuströmen. Namentlich die Großstädter
Norddeutschlands wählen in großer Zahl die Ortschaften des Thüringer Waldes
zum Sommeraufenthalt. Das kleine Städtchen Friedrichroda in der Nähe des
J) Eine uralte Straße ist der sogenannte Rennsteig. Derselbe verläuft in der
ganzen Längsausdehnung des Gebirges entlang dem Rücken und ist, wie der Name be-
sagt (Rennsteig von Rainsteig) ein alter Grenz weg, und zwar scheidet er Thüringen
von Franken, Norddeutschland von Süddeutschland. Heute wird die mehr oder
weniger verfallene Straße jedoch selten benutzt, da bequemere Straßen au den Seiten des
Gebirges den Berkehr übernommen haben.