Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Vaterländische Erdkunde - S. 230

1897 - Braunschweig : Wollermann
Buchen. Auch uiedrige Hügel und Bodenschwellungen ziehen über die Heiden und helfen etwas Abwechselung in die Landschaft bringen. Aber der Haupt- charakter derselben läßt sich doch nicht verwischen: Die Lüneburger Heide ist, im ganzen genommen, eine mit Heidekraut bewachsene Steppe. Dürftigkeit und Reizlosigkeit sind im allgemeinen ihr Charakter. Aber einmal im Jahr schmückt auch dieses Aschenbrödel unter den deutschen Landschaften sich mit einem Kleide voll zarter Schönheit; das ist die Zeit der blühenden Heide, die Monate Juli und August. Dann schreitet der holde Knabe Frühling — freilich kommt er zu ihr, der Einsamen, Verschmähten, reichlich spät — auch über ihre sandigen Ebenen und hängt an die Zweiglein all der unzähligen Heidepslanzen (Erica) Milliarden und aber Milliarden rot leuchtender, dicht- gedrängter Blüteuglöckleiu. Ein süßer Honigduft lagert dann über der Heide und lockt Millionen von Bienen herbei, die auf dem weiten Blumenteppich gc- schäftig umherfchwebeu und ihre vieltausendstimmigen, sanften Melodien summen, ein Konzert, dem nicht bloß der Imker gerne lauscht. Gar sinnig sagt man beim Anblick der zart rot schimmernden Flächen: Die Heide schämt sich. Wenn nämlich Birke und Buche schou längst im Vollschmuck ihres Laubes prangen, wenn die Lerche schon lange Wochen beglückt vom Frühling jubilierte, dann wagt auch die Heide, sich zu schmücken, aber indem sie es thnt, fliegt die zarte Röte holder Scham über ihr Antlitz. „So si den walt siht grüonen, so wirts iemer röt," heißt es schon bei Walther von der Vogelweide (S. 168). Den Zauber, der dann über der Heide ausgebreitet liegt, hat mehr als eiu Dichter (z. B. Th. Storm) mit innigem Wort besungen und damit Zeugnis ab- gelegt, daß kein Fleck der Erde so arm ist, daß er nicht des Menschen Herz ge- fangen nehmen könnte. Und die Herzen ihrer Bewohner hat die Heide in vollem Maße gefangen genommen. Sie lieben diese ihre Heimat nicht minder als der Rheinländer seinen herrlichen Strom und seine Weingelände und der Schweizer seine Berge. Abseits von dem lauten Getriebe der Welt führen sie, nicht reich, aber auch nicht arm, ein stilles, zufriedenes Leben. Geibel däucht die erquickende Sabbatstille der Heide so schön, daß er singt: „Es ist ein Hauch, der wunderbar aus unserer ew'gen Heimat zieht!" — Als eine Eigentümlichkeit der Heide müssen noch die vielen Hünengräber genannt werden, die man so zahlreich sonst nirgends in Deutschland findet. (3. Grwerbszwtige.) Unschwer erkennen wir die Erwerbszweige der Heidebewohner. 1. Der Ackerbau ist, wie wir sahen, nur von geringer Be- deutung; fast die einzige Körnerfrucht ist der Buchweizen. 2) Wichtiger sind die Erwerbszweige, die au das Hauptgewächs der Heide, die Heidepflanze *), an- knüpfen. Freilich, das Rind verschmäht das grünbraune Strauchwerk, aber die genügsamen Heideschafe, die Heidfchnncken, nagen eifrig die grünen Seiten- fproffen von den holzigen Zweigen. Diese kleinen, flinken, gehörnten Schafe sind für die Heide in demselben Maße charakteristisch wie für die Marfch die Herden breitgestirnter Ochsen. Man hat sie wegen ihrer dnnklen Farbe (schwarz, braun oder grau) und wegen ihrer groben, harten Wolle wohl den „Neger- stamm unter den Schafen" genannt. Im ganzen mögen ihrer wohl an 600 000 Stück die Heide bevölkern. Der Hirte, dessen Obhut sie anvertraut siud, trägt meist einen langen, weißwollenen Rock mit rotem Futter. Die reiche x) Es sind die rotblühende Sumpfheide (Erica tetralix) und die meist lila-, sel- tener weißblühende Gemeine oder Besenheide (Erica vulgaris [Calluna]).
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer