1897 -
Braunschweig
: Wollermann
- Autor: Harms, Heinrich
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Präparandenanstalt, Seminaranstalt
- Regionen (OPAC): Preußen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): offen für alle
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Flotte den Zugang zu dem einen oder anderen bedrohten Meer unmöglich
machen konnte.
(6. Einweihung.) In den Tagen vom 19.—22. Juni 1895 fand die
feierliche Eröffnung des Kanals statt, ein Fest so großartig und glanzvoll,
wie es Europa wohl selten oder nie erlebte. Alle europäischen Staaten be-
teiligten sich an der Weihung dieses für die Schiffahrt des ganzen Erdteiles
wichtigen Werkes. Der Kieler Hafen bot in diesen Tagen ein Bild, wie
die Welt es vorher nie gesehen und in Jahrhunderten vielleicht nicht wieder
sehen wird. Die herrliche Föhrde war belebt von Kriegsschiffen aller see-
fahrenden Nationen. Da sah man friedlich nebeneinander gelagert außer 26
deutschen die auserlesensten Schlachtschiffe Englands, Frankreichs, Italiens,
Amerikas n. s. w., 53 an der Zahl, darunter die größten Kolosse, die bis jetzt
gebaut wurden, wahre schwimmende Festungen.^) Und neben diesen 79 Kriegs-
schiffen erblickte mau eine große Zahl von kleinen und großen Handels- und
Verkehrsfahrzeugeu, mit bunten Wimpeln reich geschmückt.
Die Reihe der Festlichkeiten wurde eröffnet durch eine große Vorfeier in
Hamburg am 19. Juni, an der bereits sämtliche deutscheu Fürsten teil-
nahmen. Am 20. Juni, morgens 4 Uhr begann dann von Brunsbüttel aus
die Durchfahrt durch den Kanal, an der sich 24 deutsche und ausländische Schiffe
beteiligten. Vorauf fuhr die kaiserliche Dacht „Hohenzollern" mit dem Kaiser
an Bord. Dann folgten der „Kaiseradler" (die alte „Hohenzollern") und der
prächtige (zur australischen Reichspostlinie gehörige) Schnelldampfer „Kaiser
Wilhelm Ii.", auf welchen sich sämtliche deutsche Fürsten, zahlreiche Minister,
Gesandte u. s. w. befanden. Die dann folgenden vier Schiffe (Angusta Viktoria,
Trave, Rugia, Columbia) gehörten der Hamburg-Amerikanischen Paketfahrt-
Aktien-Gesellschast und dem Norddeutschen Lloyd (Bremen) und hatten die
Mitglieder des Bundesrates, des Reichstages und des Landtages an Bord.
Darauf folgten außer noch einem deutschen Kriegsschiff (Grille) und der kleinen
Dacht des Erbgroßherzogs von Oldenburg, 15 ausländische Schiffe
(2 Engländer, 2 Italiener, 1 Österreicher, 1 Franzose, 1 Russe, 1 Spanier,
1 Schwede, 1 Norweger, 1 Amerikaner, 1 Rumäne, 1 Däne, 1 Nieder-
länder und 1 Türke). In angemessenen Abständen bewegte sich diese stattliche
Reihe von 24 Schissen längs der neugeschaffenen Wasserstraße, auf der ganzen
Strecke überall begrüßt von freudig bewegten Menschen. Um 12^ Uhr nahte
sich die „Hohenzollern" der Holtenauer Schleuse. Hoch oben auf der Kommando-
brücke stand der jugendliche Kaiser, begrüßt von dem ungeheuren Jubel der auf
den Anhöhen seit langem begierig wartenden Menge. Das zahlreich aufgestellte
Militär, z. T. in Uniformen aus der Zeit Friedrichs des Großen, präsentiert,
die Musik spielt kräftige vaterländische Weisen, die Hunderte von Fahnen und
Wimpeln des herrlich geschmückten Festplatzes an der Schleuse flattern im Winde,
des Jubelns der Menge will kein Ende werden, — ein erhebender, unvergeß-
licher Augenblick! Jetzt gleitet das majestätische Schiff feierlich langsam durch
die Schleusenkammer, jetzt tritt es in den Hafen ein, — da donnert von mehr
als 100 Schiffen der Kaifersalnt über die Föhrde, 33 Schüsse von jedem Schiff;
*) Die von England herübergekommenen vier Turmschiffe (Royal Sovereign, Em-
press of India, Resolution und Repulse) halten je reichlich 14 000 Tonnen, zwei italienische
Schlachtschiffe 13860 (Re Umberto) und 13 300 (Sardegna). Auch ein russisches (Rnrili)
und ein französisches Kriegsschiff (Hoche) waren größer als die schwersten deutschen Panzer.
(Kurfürst Friedrich Wilhelm, Brandenburg, Weißenburg, Wörth, je reichlich 10000 Tonnen.)