1877 -
Leipzig
: Barth
- Autor: Flathe, Theodor, Engelhardt, Karl August, Lange, Henry
- Auflagennummer (WdK): 11
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Sachsen
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
- Geschlecht (WdK): koedukativ
216 Kreishauptmannschaft Zwickau.
Rathhaus geziert. Am 13. August 1632 wurde es von dm
Kroaten des schrecklichen Holte (S. 215) unter namenlosen
Gräueln gänzlich zerstört. Superintendent war hier von 1542
bis 1546 Paul Rebhuhn, ein Schüler Luthers und Melanch-
thons und einer der ältesten Dichter deutscher Schauspiele (Su-
sanna, Hochzeit zu Cana) und der erste, der den gemeinüblichm
rohen Vers der früheren Schauspiele durch neue Versmaße zu
ersetzen versuchte. In letzter Zeit ist Oelsnitz der Hauptsitz der
vogtländischen Halbwollweberei geworden, die sich über deu ganzen
Süden und Südwesten des Vogtlandes erstreckt. Hier erreicht
auch die vogtländische Eisenbahn, nachdem sie bei Treuen, Auer-
bach und Falkenstein in vielfachen Windungen das Gebirge über-
klettert hat, das Elsterthal, welches sie nun bis jenseits Adorf verfolgt.
Von Oelsnitz aus wird die Perlenfischerei in der Elster
auf deren ganzem Laufe durchs Vogtland sowie in den meisten
Seitengewässern derselben, namentlich der Trieb, betrieben, wo sich
überall Bänke von Perlmuscheln vorfinden; die meist 14 Centm.
lang und 5 Centm. hoch, auswendig schwarz, innerlich silberweiß
sind, und viele, aber selten große und schöne Perlen enthalten.
Doch zeigt man im dresdner Naluraliencabinet Elsterperlen bis
zur Größe einer kleinen Flintenkugel und im Grünen Gewölbe
zwei Schnuren orientalischer und Elsterperlen, welche letztere den
ersteren fast gleichkommen. Eine mäßige Perle muß wenigstens
10 Jahre wachsen. An ganz versteckten Orten hat man einige-
mal über 100 Jahr alte Muscheln mit Perlen von der Größe
einer Muskatnuß gefunden. Die Perlenfischerei ist ein Regal,
welches der Staat seit 1621 durch Mitglieder der Familie Schmer-
ler in Oelsnitz ausbeuten läßt. Im Sommer durchwaten die
Perlenfischer mehrmals die Gewässer, wenn diese am seichtesten
sind, um die reifen Muscheln zu sammeln; die mit unreifen Perlen
werden mit der Jahreszahl bezeichnet und wieder ins Wasser ge-
setzt. Als man im Anfang des 16. Jahrhunderts die Perlen
entdeckte, war Alles davon entzückt, Leibes- und Lebensstrafe setzte
man auf die Entwendung einer Muschel; eine Perle bezahlte man
oft mit 50—60 Thalern, und manchen kleinen Bach schätzte man
deshalb über 100.000 Thlr. und — jetzt sind die Elsterperlen
im Werthe so gesunken, daß das Sammeln derselben kaum der
Mühe lohnt. In den letzten Jahren schwankte der ganze Erlös
der Perlenfischerei, der dem naturhistorischen Eabinet in Dresden
zu Gute kommt, zwischen 450 und 1200 M. Die älteren, zur
Perlenzucht nicht mehr tauglichen Muscheln benutzt man neuerdings
in Adorf zum Schleifen und fertigt aus ihnen, aber auch aus ober-
pfälzischen und ostindischen Muscheln Portemonnaies und hunder-
terlei kleine Schmucksachen. — Eine Viertelstunde von Oelsnitz
erhebt sich auf einer Anhöhe das alte Schloß Voigtsberg,
der ehemalige Sitz der Vögte von Plauen, das jetzt als Filial
des zwickauer Arbeitshauses benutzt wird.