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1. Landschaftliche Charakterbilder der hervorragendsten Gegenden der Erde - S. 48

1885 - Leipzig [u. a.] : Spamer
48 . Aus den Alpen. Denn in einen weichen Rosenschleier scheint diese Dolomitbildung bei einer ent- sprechenden Beleuchtung eingehüllt zu sein. — Folgen wir dem sich ostwärts wendenden Fassathale weiter, das immer gleich schön und großartig erscheint, so werden wir aus der Straße nach dem Agordothale dicht an dem großartigen Gipsel der Marmolada vorübergesührt, den wir über den Fedajapaß hin- weg besteigen können. Er ragt in äußerst kühneu Formen empor, wird gegen Norden mit einem langen Gletschermantel umhüllt und stürzt gegen Süden senk- recht ab. Hat mau das stille, grüne Hochthal des Fedajapasses erreicht, so be- findet man sich bald am Fuße des Gletschers, an dessen Rande man in etwa 3 Stunden zum höchsten Gipfel emporsteigt. Die Aussicht von demselben ist äußerst großartig; man überschaut den ganzen gewaltigen Gebirgsstock, der außer derer- wähnten Hauptspitze noch zwei andre etwas niedrigere Spitzen besitzt, weiter hinaus aber erblickt man zahlreiche Dolomitgipsel mit ihren wunderbaren Bildungen und ihren schneeweiß oder rötlich schimmernden Wänden. — Unter den südlichen Kalk- alpen sind auch die Amp ezzauer berühmt. Zwar gehören sie nach ihrem Gestein nicht zu den eigentlichen Dolomiten, welche, wie die bisher besprochenen Berge des Fassathales, aus magnesiareichem Kalke bestehen, doch pflegen sie fast all- gemein als „Ampezzaner Dolomiten" bezeichnet zu werden. Von der Station Toblach au der Pusterthalbahn führt die Ampezzostraße südwärts an dem von der Rienz bewässerten Höllensteiner Thale und an dem dunklen Spiegel des Toblacher Sees vorbei durch eine wilde Schlucht nach Höllenstein. Wenig weiter begegnet uns der hellgrün schimmernde Dürrensee, von dunkeln Tannen malerisch umringt und im Hintergrunde prachtvoll abgeschlossen durch gewaltige Bergriesen, worunter der Monte Cristallo (3260 in). Weiterhin schaut man fern im Süden die kühnen Formen der Ampezzaner Dolomiten, z. B. der Cima di Formin. Durch wilde Felsenengen gelangen wir nach Cortina di Ampezzo, dem Hauptorte des Ampezzothales. Schon von dem stattlichen Campanile (Glockenturm) des prächtig gelegenen Ortes aus genießt man eines köstlichen Blickes aus die benachbarten Dolomiten, während von den früher er- wähnten nördlicheren Gipfeln namentlich der Cristallo glänzend hervortritt.— Wunderbar herrlich ist die Wirkung des Sonnenlichtes an den Dolomitzacken. Haftet an heiteren Tagen die ausgehende oder scheidende Sonne an diesen glatten Felsensäulen, sähen Felsenwänden und domartigen Kuppeln, so weckt sie eine Farbenglnt, wie selbst Sizilien sie in größerer Pracht nicht zu bieten vermag. Dann scheint es, als sei der Berg in seinem Innersten entbrannt und leuchte aus sich heraus im feurigsten Rote. Oft fcheint es schlechthin unmöglich, sich zu überzeugen, daß das, was dort strahlt wie der ausgehende Mond, nichts andres sei als dürrer Felsen. Wer hätte je von Bozen aus den Schlern und Rosen- garten in solcher Glorie gesehen und seines Anblickes vergessen? Wenn dann etwa ein leichter Nebeldust am Abendhimmel schwebt, dann mildert sich die Glut der Beleuchtung und über alle Felsentürme breitet sich ein rosiger Schleier, der sich in den Klüften bis zum Violett vertieft. Ja auch die kahlen, nnfrucht- baren Kalkmassen sind von dem Hauche der Poesie nicht weniger Übergossen, als die mit saftigen Gräsern und dustigen, farbenreichen Alpenblumen bekleideten Berge der Zentralalpen.
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