1885 -
Leipzig [u. a.]
: Spamer
- Autor: Richter, Julius Wilhelm Otto
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
368 Amerika.
Nicht weit von Titicaca liegt eine andre heilige Insel Namens Coati, welche dem
Monde, der Frau und Schwester der Sonne, geweiht war. Hier befindet sich der
berühmte Palast der Sonnenjungsrauen, welcher um zwei der Sonne und dem
Mond geweihte Heiligtümer herumgebaut war und trefflich erhalten ist. Der
Titicacasee ist tief und friert nie zu, aber an den seichten Uferstrecken bildet
sich Eis. Diese Wasseransammlung übt einen sehr wichtigen Einfluß auf das
Klima dieser hochgelegenen, kalten und öden Region aus, da ihre Temperatur
um mehrere Grade milder ist als diejenige der gleichhohen Punkte derselben
geographischen Breite. Daher kommt es, daß ans den Eilanden des Sees,
wenngleich in keiner besonderen Üppigkeit, Gerste, Erbsen und Mais gedeihen,
während dies aus dem Festlande in der Nachbarschaft nicht der Fall ist. Die
vorherrschenden Winde wehen aus Nordosten und sind oft von so großer Gewalt,
daß die Schiffahrt ernstlich gefährdet wird. Der See hat mehrere beträchtliche
Buchten, dereu wichtigste die von Puno, Huaneane und Achacache sind.
19. Oic westindischen Inseln.
Die westindischen Inseln breiten sich in einer ausgedehnten Flur zwischen
Nord- und Südamerika und im Osten von Zentralamerika aus. Den Mittelpunkt
der ganzen Gruppierung stellen die vier großen Antillen, Euba, Hayti,
Portorieo und Jamaika dar; nördlich von ihnen liegen die Bahama-
inseln, südöstlich die kleinen Antillen. Euba ist eine langgestreckte, meist
mit niedrigen Hügeln besetzte Insel, die nur im Südosten ein bis über 2000 in
emporsteigendes Gebirge trägt. Die Küsten sind sumpfig und ungesund, auch
ziemlich hasenarm, das Klima jedoch dem Anbau von Rohrzucker ganz besonders
günstig. Die Zuckerproduktion ist in letzter Zeit außerordentlich gewachsen, so
daß dieselbe 1/3 des Gesamtbetrages der Erdoberfläche darstellt, daneben ist der
Tabakbau von Bedeutung. Die Hauptstadt Havana bildet seit alter Zeit
den Mittelpunkt Westindiens. Die zweitgrößte Insel Hayti ist unregelmäßig
gestaltet und von Gebirgen durchzogen. Der Hauptkamm des Cibaogebirges
steigt bis zu 3000 in empor. Seitdem die Insel in die beiden Republiken
Hayti und San Domingo geteilt ist, die europäische Einflüsse völlig beseitigt
haben, ist auch ihr natürlicher Reichtum geschwunden. Auch Portorico ist ge-
birgig; von einer zahlreichen Bevölkerung wird Zucker-, Tabak- und Kaffeebau
erfolgreich betrieben. Das den Engländern gehörige, fruchtbare und wohl an-
gebaute Jamaika liefert hauptsächlich Zucker und Kaffee. Die Bahama-
inseln sind Korallenbildungen, von Rissen umgeben; zu ihnen gehört auch die
Watlingsiusel, aus der Kolumbus am 12. Oktober 1492 landete. Von den klei-
nen Antillen sind die äußeren niedrige Korallenbauten, die inneren, darunter
die französischen Guadeloupe und Martinique und das englische Domi-
nica, vulkanisch und 1000—1500 m hoch. An der Küste von Venezuela liegen
einige selsige, aber wohl angebaute Inseln der Niederländer, daruuter Curacao.
Bei der Entdeckung waren die westindischen Inseln reich an edlen Metallen
und prangten in der Blüte einer tropischen Vegetation; die von den Entdeckern
eingeführte Plantagenwirtschaft bewirkte die Ausrottung der Urbewohner sowie
der ausgedehnten und üppigen Waldungen.