1897 -
Gera
: Hofmann
- Autor: Tromnau, Adolf
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): koedukativ
16 Ii. Verwertung des heimatkundlichen Anschauungs-Materials.
Der Schüler hat die Beobachtung gemacht, daß die Erdbeeren auf dem
heimatlichen Berge an dem Abhange, welcher nach Süden liegt, früher reifen,
als auf der Nordseite. Auch Weinanpflanzungen haben hier wohl gar Fort-
gang, weil hier mehr Sonnenwärme ist, als aus der Mitternachtsseite. Unter-
Anleitung des Lehrers wird der Schüler beim geographischen Unterricht leicht
aus obiger Beobachtung die Folgerung ziehen, daß Gebirge, welche von Osten
nach Westen streichen, wie z. B. die Alpen, auf ihrem Südabhang eine merklich
mildere Temperatur und anderen Pflanzenwuchs haben müfsen, als aus dem
Nordabhang. Sollte solch' heimatlicher Berg nicht vorhanden sein, so läßt sich
zu obiger Veranschaulichung die Südsront eines Wohnhauses ebenfalls verwerten.
Ein anderes Beispiel!
Die Schüler machten auf einem Spaziergang die Beobachtung, daß der
kleine Bach, welcher vom nahen Waldberge herniederrieselt, beim Eintritt in
die Wiese allerlei Steinchen und Schlamm ablagert. Die Kraft des Wassers
war nicht mehr so stark, diese Stoffe sämtlich auch durch die sumpfige Wiese
noch fortzubewegen, da sein Lauf hier des geriugeren Gefälles wegen ruhiger
wird. Sie sanken also zu Boden (Sinkstoffe) und sammelten sich in dem
kleinen Flußbett am Eingang der Wiese an. Dadurch wurde an dieser Stelle
daß Flußbett höher, die Wassermasfe änderte ihren Laus, teilte sich nach
rechts und links, um so das Hindernis zu umgehen und in ruhigem Lauf
ihren Weg durch das Wiesenland fortzusetzen. — Wie schön läßt sich diese
Beobachtung am heimatlichen Boden im geographischen Unterricht bei der
Deltabildung des Rheins und der Weichsel verwerten! Und wie wird sich
der Schüler sreuen, durch dergleichen Beobachtungen fähig zu sein, bei ähn-
lichen Verhältnissen Folgerungen zu ziehen!
„Ja," werden viele Kollegen sagen, „wir haben keinen rieselnden
Waldbach in unserer Heimat; was hilft uns diese Analogie!"
Gemach! Dieselbe Folgerung läßt sich nach jedem größeren Gewitter-
regen aus der Beobachtung der die Straße entlang rieselnden Wassermassen
ziehen, wenn auch das erstere Beispiel natürlicher und bequemer liegt.
Weiter!
Der heimatliche Fluß zeigt im Frühjahr und Herbst größere Wasser-
Massen, als im heißen Sommer. Hier finden weniger Niederschläge statt,
als im Winter, Frühjahr und Herbst, und das Wasser „trocknet durch die
Hitze auch mehr ein". Manche Bäche schleichen daher im heißen Sommer
mit schmalem Wasserfaden durch ihr Bett oder lösen sich gar in eine Reihe
unzusammenhängender Wassertümpel auf. — Aus dieser Beobachtung ist
leicht aus die Wasserarmut der tropischen Flüsse zur Zeit der Dürre zu
schließen, wo sast nie Niederschläge stattfinden, und anderseits auf den
wunderbaren Wasserreichtum zur Regenzeit.