1899 -
Hamburg
: Kloß
- Autor: Hentze, Carl
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Hamburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die Fleete haben sich stets großer Fürsorge seitens der
Stadtverwaltung zu erfreuen gehabt. In früherer Zeit war es
die Aufgabe der beiden jüngsten Senatoren, die nötigen Ver-
anstaltungen zu treffen, damit die Fleete die gehörige Tiefe
hätten und rein gehalten würden. Trotz aller Verbote wurden
aber doch von den Anwohnern allerlei Gegenstände, deren sie
sich zu entledigen wünschten, in die Fleete geworfen. Das hatte
zur Folge, daß eine Zahl von Lumpensammlern zur Ebbezeit,
wenn die Fleete ganz oder teilweise trocken waren, dieselben
sorgfältig nach solchen Dingen durchsuchten, welche sie irgendwie
glaubten gebrauchen oder verkaufen zu können. Sie wurden
allgemein die Fleeteukieker genannt. Jetzt verhindert die Polizei
durch Ordnungsstrafen die Verunreinigung der Fleete mehr
als jemals zuvor, und die Gesellschaft der Fleetenkieker ist ver-
schwnnden. -—
Auch die zahlreichen Brauereien, welche vor langen Zeiten
in Hamburg bestanden, pflegten ihre Abfälle in die Fleete zu
fchütteu, aus denen die Treber in die Elbe gespült wurden. Sie
waren den Fischen eine sehr erwünschte Nahrung, weswegen
dieselben in der Unterelbe immer zahlreicher wurden. Man er-
zählt sich, daß besonders der wohlschmeckende Lachs sich in großen
Scharen einfand. Er ging dem Zufluß der Nahrung nach und
kam bis in unsere Fleete. Jedermann konnte damals die fetten
Lachse in den Fleeten ebenso wie in der Elbe fangen. Lachs
wurde hier eine fo alltägliche Speise, daß die Hamburger Dienst-
mädchen, Knechte und Gesellen sich bitter darüber beklagten, wie
es ihnen bei ihren Herrschasten doch gar so traurig erginge, daß
sie fast täglich Lachs essen müßten. Sie stellten bei künftigen
Vermietungen die Bedingung, daß sie sich nicht öfter als zwei-
mal wöchentlich mit dieser Speise behelsen müßten. — Heute
ist die Zahl der Brauereien kleiner, die Treber werden als
Viehsutter verwandt, die Fleete sehen säuberlicher aus, aber auch
die fetten Lachse sind verschwunden. Die häßliche Ratte ist die
Bewohnerin der Fleete geworden. Niemand wird jetzt sich zu
beklagen haben, daß er zu viel Lachs essen müsse.
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