1899 -
Hamburg
: Kloß
- Autor: Hentze, Carl
- Auflagennummer (WdK): 2
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Regionen (OPAC): Hamburg
- Inhalt Raum/Thema: Heimatkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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erstürmten das Millernthor, welches damals dort stand, wo jetzt
der Heiligengeistkirchhos ist, und drangen mit wüstem Geschrei
in dichten Haufen in die Stadt herein. Aber die jungen Brauer-
knechte, lauter handfeste und mutige Burschen, waren unterdessen
von ihrer Arbeit gelaufen, hatten sich zusammengethan und mit
tüchtigen, eichenen Knütteln und den Dauben der großen Fässer
bewaffnet. Als sie das Freuden- und Siegesgeschrei der Baueru
hörten, brachen sie hervor und hieben so grimmig darauf los,
daß sie alles vor sich niederschlugen. Die Bauern wandten sich
eiligst zur Flucht; aber es hagelte Schläge auf ihren Rücken,
und dabei schrieen ihnen die Brauerknechte immer zu, doch stehen
zu bleiben: sie riefen aber plattdeutsch: „Stah, Bur, stah!"
Zum Danke für diese kühne Rettnngsthat, so heißt es, ge-
währte man den Brauerknechten manches Vorrecht; auch nahm
man es nicht so genau, wenn sie bei ihren Festen ein wenig
ausgelassen waren. Zur ewigen Erinnerung benannte man
zwei Straßen an der Stelle, wo der Kampf stattgefunden hatte,
mit ihrem freudigen Schlachtrufe wider die Bauern. Es sind
der große und der kleine Burstah.
Die Hamburger Brauerknechte bildeten einen großen Verein.
Sogar einen Schutzheiligen hatten sie; es war der heilige Vincent.
Nach ihm nannten sie sich auch Vineentbrüder. Alle zwei Jahre
feierten sie ein großes Fest, bei welchem es hoch her ging, und
wobei sich jedweder einmal ordentlich lustig machen, sich högen
konnte. Das Fest hieß die Höge der Brauerknechte, dauerte
acht Tage und wurde am Ende des Monats Januar oder im
Anfange des Februars abgehalten. Da wurde gut gegessen und
getrunken; da gab es Spiel und Tanz. Die ganzen acht Tage
hindurch wurde gar nicht gebraut; denn die Knechte waren im
Vereinshause am Rödiugsmarkt beisammen. Das Haus war
mit Fahnen prächtig ausgeschmückt, und innen erscholl Musik.
Das lustige Leben dauerte bis in die Nacht hinein, um am
nächsten Morgen wieder zu beginnen.
Die Braunieister mußten zu dem Feste nicht nur das Bier,
sondern sogar das Fleisch für die Mahlzeiten der Knechte liefern,
und das Stück mußte hübsch groß sein, sonst wurde es von der