1908 -
Essen
: Baedeker
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Kamerun und Ostafrika ist heute schon nicht unbedeutend und bei einer sorg-
samen Gewinnungsmethode und einer Verbesserung der Verkehrsverhältnisse
noch in erheblichem Maße steigerungsfähig. Über die Aussichten der Tabak-
und Kaffeegewinnung ist ein endgültiges Urteil noch nicht möglich. Da-
gegen hat zweifellos der Kakaobau in Kamerun und Samoa einen guten
Boden. Der Anban von Mais und Reis hat in Ostafrika während der
letzten Jahre ansehnliche Fortschritte gemacht. Südwestafrika hat — abge-
sehen von den Aussichten des Bergbaues — für die Viehzucht und nament-
lich für die Gewinnung von Schafwolle eine Zukunft, die sich nach dem
Beispiele des ähnlich beschaffenen britischen Südafrika beurteilen läßt.
Der Punkt jedoch, in dem unsere Schutzgebiete gegenüber den mit ähn-
licher Ertragsfähigkeit ausgestatteten Nachbarkolonien fast durchweg im Nach-
teil sind, liegt in den natürlichen Vorbedingungen für den Verkehr. Es ist
klar, daß eine Kolonisation in ohnedies schwierigen Gebieten zunächst dort
beginnt, wo günstige Landungsverhältnisse zur Niederlassung einladen, und
wo schiffbare Ströme einen leichten und billigen Verkehr mit dem Hinter-
lande gestatten. Wir, als die zuletzt Gekommenen, fanden diese Orte eines
leichten Zugangs bereits besetzt. Wir brauchen nur an Ostafrika mit seinem
Mangel an schiffbaren Strömen zu denken, an Togo mit seinen ungünstigen
Landungsverhältnissen, wo die Engländer mit der Mündung des Volta sich
den natürlichen Zugang zum Hinterlande gesichert haben, an Kamerun, das
mit seinen für die Schiffahrt unbrauchbaren Flüssen eine tote Ecke zwischen
den schiffbaren Stromgebieten des Niger und Kongo bildet, an Südwest-
afrika mit seiner nahezu unzugänglichen Küste, die zudem noch ein breiter
Wüstengürtel vom Hinterlande trennt.
Aber diese Ungunst der natürlichen Verhältnisse, so sehr sie auch die
Entwicklung der Kolonien erschwert, ist kein Nachteil, der nicht gut zu machen
wäre. Die heutige Technik gestattet uns, diesen Widerstand der Natur zu
überwinden. Was unsern Schutzgebieten an natürlichen Verkehrserleichte-
rungen versagt ist, das können und müssen wir ihnen durch leistungsfähige
künstliche Verkehrsmittel, durch Landungsanlagen und Eisenbahnen ersetzen.
Nach Prof. Dr. Karl Helfferich 1905.
2. Wirffchafflidies lieben In unseren Kolonien.
Leider waren erst die Aufstünde drüben in unseren Schutzgebieten und
die Aufdeckung von Mißständen in unserer Verwaltung daheim nötig, um
die Aufmerksamkeit weiterer Kreise unseres Volkes wieder eindringlich auf
unsere überseeischen Besitzungen zu lenken, und diese Mahnungen waren recht
rauher Art. Der übergroßen Zahl derjenigen, denen es an Zeit, Gelegenheit
und — sagen wir es offen — auch an Interesse fehlte, sich darüber zu be-
lehren, was wir in unseren Kolonien bisher eigentlich wirtschaftlich erstrebt
und erreicht haben, mochte es scheinen, als sei unsere Kolonialpolitik überhaupt
vollständig niedergebrochen.
Aber sind diese Hiobsposten wirklich alles, was wir von unseren Schutz-
gebieten zu berichten hätten? Stehen neben den Schattenbildern nicht auch
Hoffnungsspendende Lichtseiten?