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1. Bilder aus den deutschen Kolonien - S. 39

1908 - Essen : Baedeker
— 39 — den Untergang ihrer alten Glanzzeit, das Aufhören ihrer Sklaven- und Beute- züge, das Versiegen ihrer Einnahmequellen aus den Tributen der unter- worfenen Völker. Wohl ist der deutsche Bezirkshanptmann bei seinem ersten Erscheinen uicht überall mit Jubel, soudern mit Pfeilen, Speeren und Flinten- schüssen empfangen worden, aber er hat es vermieden, Aufseheu zu erregen. Mit einer Handvoll Polizeisoldaten, von 2—3 weißen Hilfskräften unter- stützt, hält er die Häuptlinge in musterhafter Ordnung und hat schon eine so vorzügliche Verwaltung seines Landes geschaffen, daß kein anderer Bezirk mit ihm darin wetteifern kann. Ehe er Herr im Lande wurde, hat er sich oft an den alten Satz „Teile und herrschei" gehalten. Wenn ein Ort oder eine ganze Landschaft ihm nicht gehorchen wollten, so nahm er seine schwarzen Soldaten und außerdem eine überlegene Schar von „Hilfsvölkern", die Ein- wohner eines ihm treu ergebenen Ortes. Das bloße Erscheinen an der Spitze eines solchen Aufgebotes hat oft genügt, die Widerspenstigen von der Aus- sichtslosigkeit eines Widerstandes zu überzeugen. Genügte es nicht, so sielen wohl ein paar scharfe Schüsse oder das Dorf brannte nieder,^ und die Äcker wurden anstatt von denen, die sie bestellt hatten, von den Hilfsvölkern ab- geerntet, das heißt, der Neger an seiner empfindlichsten Stelle, am Magen, gestraft, und die Sache war erledigt. Fast muß es betrüben, daß dieses Gebiet der Küste so fern liegt, und daß es noch Jahre dauern wird, ehe es durch eine Bahn oder für Kraftwagen fahrbare Straßen Anschluß dorthin erhalten wird. Erst dann werden die vollen Früchte alles dessen geerntet werden, was jetzt hier ausgesät wird. Um so bewundernswerter ist es, wie der leitende deutsche Beamte ganz unbekümmert darum, daß er selbst viel- leicht gar nicht mehr die vollen Erfolge seiner Arbeit in Afrika erleben wird oder auch nur gewürdigt sieht, doch mit unermüdlichem Eifer weiter arbeitet. Dabei ist seine Tätigkeit frei von jeder persönlichen Liebhaberei. Er läßt nur den Gesichtspunkt der allgemeinen Erschließung und Förderung des Landes ausschlaggebend sein. Alles, was dieses Endziel fördern kann, be- ginnt er mit gleichem Nachdruck. Die Anlage und den Ausbau von Straßen, überbrücken von Flüssen, kartographische Ausnahmen und Vermessungen, Zählung der Einwohner seines Landes, Viehzucht, Bekämpfung von Seuchen, Handelsstatistik, Schlichten von Streitigkeiten unter den Eingeborenen, An- Pflanzung von Baumwollfeldern, Teakholzaufforstuugeu, die zoologische, botanische und ethnographische Erforschung seines Bezirkes, alles behält er mit gleicher Sorgfalt, Ruhe und Zähigkeit im Auge. Nicht das letzte Ver- dienst scheint mir zu sein, daß er die riesigen Arbeitskräfte, die Sokode in seiner dichten Einwohnerzahl besitzt, überall flüssig gemacht hat und diese Quelle in dauerndem Flusse erhält. Wenn er morgen tausend Mann oder mehr braucht, sei es zum Bau einer Straße, sei es zu einem Transporte oder zu irgend einem anderen Zwecke, so treten sie unweigerlich an. Dabei wird nicht willkürlich bald dieser, bald jener Ort zur Arbeitsleistung heran- gezogen, sondern die Hütten- und Einwohnerzahl aller Dörfer ist festgelegt, und durch genaue Aufzeichnungen wird die jährlich von jedem Dorfe ver- richtete Arbeitsleistung überwacht. Würde in einem Jahre eine bessere Ver- binduug nach der Küste für irgend ein Landeserzeugnis, z. B. die Erdnüsse oder Baumwolle eine lohnende Ausfuhr gewährleisten, er würde sofort im- stände sein, seine Schwarzen zu einem gewaltigen Massenanbau zu bringen. Einen großen Vorteil hat freilich die Entfernung von der Küste auch für den Bezirkshauptmann von Sokode und seinen Bezirk. Sie gibt ihm eine
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