1908 -
Essen
: Baedeker
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Der 1. März 1899 brachte uns einen der anstrengendsten Märsche,
die wir während der ganzen Expedition gemacht haben. Zunächst ging es
von den Höhen hinab noch einmal in die Ebene, dann durch wogende Gras
felder bis an den Fuß des Gebirges. Nachdem wir ungefähr 100 m ge-
stiegen waren, überschritten wir einen wichtigen Kreuzweg, eine gewaltige
Talwelle lag vor uns. Wieder stiegen wir eine Stunde. Die Sonne
brannte, kein schattenspendender Baum war in der Nähe, vielfach trat das
bloße Gestein zu Tage, so daß die Träger mit aller Vorsicht die Füße auf
den Boden setzten. An einem Wasserlauf waren die ermatteten Leute kaum
noch vorwärts zu bekommen. Mehrere kleine Siedlungen wurden sichtbar;
die Bewohner entwichen scheu in die Felsen. Als wir auf der Sohle der
zweiten Talwelle angelangt waren, fanden wir große Dnrha- und Maisfelder,
die abgeerntet waren, nur große grüne Kürbisse warteten noch der Reife.
Endlich ging es den letzten Berghang in die Höhe, eine weite Ebene breitete
sich aus; spitze Dächer wurden sichtbar; es war Joko. Der Kommandeur
ließ die Kompagnien aufrücken. In breiter Front ging es auf die Stadt
los, die von Wall und Graben umgeben war. Wohl irrten noch einige
Schafe in den Straßen umher, und rauchende Feuer, frischer Pferdemist und
zahlreiche Hühner und Lebensmittel zeigten an, daß hier noch kürzlich Menschen
waren, aber jetzt war die Stadt leer. Während allmählich die Träger
kamen und erschöpft ihre Lasten niedersetzten, sah man die Soldaten trupp-
weise zum Wasser ziehen oder die Häuser nach Vorräten durchsuchen.
Joko ist ganz nach Fullah-Art gebaut, viele runde Hütten mit ver-
schiedenen Eingängen, oft untereinander durch Mattenzäune verbunden, sind
von einer hohen Strohwand umgeben und bilden ein geschlossenes Ganzes.
Durch alle diese übermannshohen geflochtenen Wände werden breite Straßen
und Plätze gebildet, so daß Joko einen viel geschlosseneren Eindruck macht, als
die Wute-Siedeluugen, in denen die Häuser regellos nebeneinander liegen.
Diese Fnllah-Dörfer mit ihren vielen kleinen Gelassen, Ecken und Winkeln
sind sehr unübersichtlich, und es ist schwer, sich zwischen den Zäunen und
Hängen zurechtzufinden.
Da die Träger und Soldaten sehr erschöpft waren und der Komman-
denr hier auch einen Angriffsplan aufstellen mußte, wurden vier Ruhetage
gemacht.
Schon an dem Bau der Stadt und den wenigen zurückgelassenen Haus-
geraten konnte man erkennen, daß man in ein anderes Land gekommen war.
Zwar besteht die Bevölkerung auch hier noch aus Wutes, aber diese sind dem
Fnllah-Sultau von Tibati Untertan. Die Fnllahs sind ein Hirtenvolk, das
sich in westöstlicher Richtung über den mittleren Sudan verbreitet hat. Nach-
dem sie Herreu des Landes geworden, wurden sie zum großen Teile seßhaft.
Sie unterscheiden sich von den Negern durch ihren schlanken, feinknochigen,
sehnigen Körper. Oft sind sie ganz hell, oft tief schwarz gefärbt. Ihr Haar
ist wellig und nicht in Büschel oder Gruppen gestellt. Die Fnllahs "sind
Mohammedaner; ihre Kultur ist arabischer Art. Ädamaua, ihr Land, ist kein
geographischer Begriff, sondern umfaßt das Emirat Jola, dessen Hauptstadt
im englischen Nigerien unweit des Venne liegt, mit allen seinen Vasallen-
staaten; zu diesen gehört Tibati. Die Fullahs, die sich vielfach mit Hanssas
und auch mit Angehörigen der unterworfenen Negerstämme vermischt haben,
hatten in Joko ihren südlichsten Posten.
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