1908 -
Essen
: Baedeker
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schultypen (WdK): Alle Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Alle Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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der Reiter zu schneller Gangart antreibt und schwälende Glut über den
Dünen lagert.
Nicht nur in bezng auf ihre Wasserarmut, sondern auch aus das für
den Reisenden geeignetste Beförderungsmittel gleicht tatsächlich die Kalahari
einer Wüste. Wer flott und ungebunden ihre unbegrenzten Weiten durch-
messen will, muß auf das Wüstenschiff, das Kamel zurückgreifen. Das
Pferd bietet nur einen begrenzten und unzulänglichen Erfatz. Niemals wird
sich sein Reiter von dem beklemmenden Gefühl der Gebundenheit freimachen
können; niemals, wie auf Kamelesrücken, sich Herr der Natur fühlen!
Wer die Wasserfrage in der Kalahari löst, vermöchte Millionen von
Riuderu fettestes Weideland zu erschließen. In der Kapkolonie gilt ein
nachahmenswerter Brauch. Auf den Kampf mit einer abwehrenden Natur
wird eine Belohnung gesetzt. Wer auf uugewisseste Aussicht hin in bisher
wasserloser Gegend Wasser erbohrt, erhält die mit einem Schlage geschaffene
Farm zum Geschenk. Aus diese Weise sind im Kalahari-Grenzdistrikt Gor-
donia weite Strecken toten Landes der Wirtschaft und der Kultur erschlossen
worden.
Auch wir sollten gegen die Kalahari den großzügigen Unternehmung^
geist des 20. Jahrhunderts und die fast unbeschränkten Machtmittel seiner
technischen Errungenschaften ausnutzen. Es gilt, eine wirtschaftliche Festung
zu erobern.
In Revieren, wie dem Nosob, ist Wasser vorhanden; im Molopo
bereits erbohrt, oder ohne außerordentliche Schwierigkeiten zu erschließen.
Ihn wird die Strecke der Zukuuftsbahn durchschneiden, die berufen ist.
Deutsch-Südwestafrika dem großen südafrikanischen Wirtschaftsgebiete an-
zugliedern.
Die Aufgabe der Erschließung der Kalahari ist aber erst gelöst, wenn
auch inmitten der zusammenhängenden Dünenmassen der erste Bohrer ans
Wasser trifft. Ob und bis zu welcher Tiefe der vermutete starke Salzgehalt
vorherrschen wird, ruht vorläufig uoch im Ungewissen. Die dünnen Schichten
des meist brackigen, zuweilen hochgradig salpeterhaltigen Sammelwassers der
eingestreuten Vleys und Pfannen gestatten noch keinen Schluß auf die Ver«
Hältnisse in der Tiese.
Gleich einem aus der flachen Senke hervorquellenden Riesenauge zwingt
solch ein Vley, auf das der glückliche Reifende stößt, die umliegende Natur
in seinen belebenden Bann. Die mit seichtem Wasser bedeckte Pfanne er-
scheint in glitzernder Starrheit wie eine gewaltige Spiegelscheibe, die eine
freundliche Laune in den dunklen Grund der sie gebirgsartig umtürmenden
Dünenwälle eingelassen hat.
Wenn aber die grünen Matten und die roten Kämme in der leuchten-
den Abendglut versinken, schwarze Schatten sie einhüllen, und der südliche
Himmel seine strahlenden Lichter darüber anzündet, dann lösen sich die nn-
bestimmbaren Eindrücke des erstrebenden Tages in einem einzigen wunderbar
ergreifenden Schweigen aus. Das ist die echte Kalahari-Stimmnng!
Aus der Zeitschrift: „Der Deutsche".